Österreichisch – Italienisches Komitee des Notariats / Comitato Italo – Austriaco del Notariato

(Codroipo 2003/1) Dr. Matthäus Pletzer

Dr. Matthäus Pletzer
öffentlicher Notar
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REFERAT ZUM THEMA:
Die Rolle des Notars im österreichischen Verlassenschaftsverfahren und bei Eigentumsübertragungen von Liegenschaften aus der Erbmasse

I. Die wichtigsten anzuwendenden Gesetze innerhalb der österreichischen Rechtsordnung •betreffend das Verfahren: – Gerichtskommissärsgesetz (GKG) – Außerstreitgesetz (AußStrG) – Internationales Privatrechtsgesetz (IPR) wenn Vermögen von Ausländern Gegenstand des Verlassenschaftsverfahren ist. •betreffend das materielle Erbrecht: Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) Erbrechtliche Bestimmungen in anderen Gesetzen (z.B. Wohnungseigentumsgesetz, Tiroler Höfegesetz).

II. Allgemeines •Der Nachlass (die Verlassenschaft) und dessen Regelung 1.1. Definition: Der Nachlass (die Verlassenschaft) ist die Gesamtheit der Vermögensrechte und Verbindlichkeiten eines Verstorbenen (des Erblassers), die durch seinen Tod nicht erlöschen, sondern im Wege der Gesamtrechtsnachfolge aufgrund allgemeiner erbrechtlicher Bestimmungen auf den oder die Erben übergehen (§ 531 ABGB). Zum Nachlass zählen u.a. Aktiva (wie Liegenschaften, Bankguthaben, Beteiligungen an Gesellschaften, Fahrnisse etc., aber auch Passiva, wie Schulden, Unterhaltspflichten, Todfallskosten etc. 1.2. Regelung: Gemäß § 797 ABGB darf niemand eine Erbschaft eigenmächtig in Besitz nehmen. Das Erbrecht muss vor Gericht verhandelt und von demselben die Einantwortung des Nachlasses, das ist die Übergabe in den rechtlichen Besitz, bewirkt werden.“ § 798 ABGB enthält für die rechtliche Durchführung des Verlassenschaftsverfahrens den entsprechenden Verweis auf das Außerstreitgesetz. •Zweck des Verlassenschaftsverfahrens: Der Zweck des Verlassenschaftsverfahrens besteht im wesentlichen darin: – Streit zu vermeiden – die eigenmächtige Inbesitznahme der Verlassenschaft zu unterbinden, dem Erben den Nachlass unter gerichtlicher Aufsicht zu übergeben und ihn als Rechtsnachfolger zu legitimieren – die Rechte minderjähriger und pflegebefohlener Verfahrensbeteiligter zu schützen – die Erfüllung des letzten Willens (Testaments) zu überwachen – die Entrichtung der Erbschaftssteuern und Gebühren zu gewährleisten.

III. Die Rolle des Notars im österreichischen Verlassenschafsverfahren Gesetzliche Grundlage ist das Gerichtskommissärsgesetz (Bundesgesetz vom 11. Nov. 1970, BGBl. Nr. 343, über die Tätigkeit der Notare als Beauftragte des Gerichtes (Gerichtskommissäre) im Verfahren außer Streitsachen 1. Bestellung, Umfang der Tätigkeit: Das Gerichtskommissärsgesetz verpflichtet den Notar über Auftrag des zuständigen Bezirksgerichtes in Verlassenschaftssachen a) die Todfallsaufnahme und die mit dieser im Zusammenhang stehenden unaufschiebbaren Maßnahmen (wie z.B. Testamentskundmachung, Versiegelung, Verwahrung vorgefundener Wertgegenstände etc.) b) die anderen im Zug einer Verlassenschaftsabhandlung erforderlichen Amtshandlungen vorzunehmen. Unter Verlassenschaftssachen sind alle im zweiten Hauptstück des AußStrG geregelten Amtshandlungen erfasst. Es gehören daher auch jene Verfahren, die nicht zur Einantwortung führen, wie Ausfolgungsverfahren oder Überlassung des Nachlasses an Zahlungsstatt, dazu. Bei Besorgung der ihm aufgetragenen Amtshandlungen, die der Notar neben seiner Amtstätigkeit nach der Notariatsordnung zu besorgen hat, kommt dem Notar die Bezeichnung Gerichtskommissär“ zu. Als Gerichtskommissär ist er Beamter im Sinn des Strafgesetzes. Im Verlassenschaftsverfahren sind die Notare als Gerichtskommissäre gerichtliche Organe; sie üben in dieser Eigenschaft eine öffentlich-rechtliche Funktion aus. Es werden Tagsatzungen anberaumt, zu denen die am Verfahren Beteiligten geladen werden, und darüber ein amtliches Protokoll erstellt. Für Schäden aus Verstößen eines Gerichtskommissärs haftet den Parteien gegenüber die Republik Österreich auf Grund des Amtshaftungsgesetzes. 2. Auswahl der Notare, Verteilungsordnungen: Bei der Bestellung zu Gerichtskommissären sind die Notare nach bestimmten vom Gericht zu erlassenden Verteilungsordnungen heranzuziehen. 3. Fristen: Für die Besorgung der aufgetragenen Amtshandlungen hat das Gericht dem Notar der Art und dem Umfang der Amtshandlungen entsprechende Fristen zu setzen. Diese können auf einen gestellten Antrag wegen erheblicher Gründe, erforderlichenfalls auch wiederholt, verlängert werden. 4. Geschäftsbehelfe und Aktenführung: Der Notar hat über seine Amtshandlungen als Gerichtskommisär ein besonderes Geschäftsregister, in dem die wesentlichen Daten einzutragen sind, und dazu ein Namensverzeichnis zu führen. Er hat alle von ihm als Gerichtskommissär errichteten Urkunden mit dem gerichtlichen Aktenzeichen zu versehen und mit dem Zusatz Der Notar als Gerichtskommissär“ zu unterfertigen. Er hat alle dem gerichtlichen Auftrag betreffenden Akten von seinen übrigen Akten gesondert zu verwahren. 5. Gebühren: Das beauftragende Gericht bestimmt auch die Gebühren des Notars für seine Tätigkeit als Gerichtskommissär nach dem Gerichtskommissionstarifgesetz (GKTG). Diese Gerichtskommissionsgebühren werden zusammen mit den Gerichtsgebühren bei der Bemessung der Erbschaftssteuer als Abzugsposten berücksichtigt.

IV. Ablauf des Verlassenschaftsverfahrens (wesentliche Verfahrensschritte) 1. Anzeige des Todesfalles Die Todfallsanzeige erfolgt von Amts wegen durch das zuständige Standesamt an das Bezirksgericht. 2. Todfallsaufnahme durch den Gerichts-kommissär Der Notar in dessen Sprengel der Verstorbene seinen Hauptwohnsitz hatte und auf Grund der Verteilungsordnung zuständig ist, nimmt den Todesfall auf, d.h. er erhebt mittels eines dafür vorgesehenen amtlichen Formulares die näheren Umstände. Dazu gehört insbesondere die Feststellung der Erben bzw. der nächsten Angehörigen, die Erfassung des Vermögens des Verstorbenen und die Überprüfung, ob eine letztwillige Verfügung vorhanden ist. 3. Prüfung der Voraussetzungen zur Einleitung eines Verlassenschaftsverfahrens (werden im Zuge der Todfallsaufnahme durch den Notar überprüft): 3.1. Wertgrenze: Grundsätzlich findet ein Verlassenschaftsverfahren gemäss den Bestimmungen des AußStrG nur statt, wenn das Vermögen des Verstorbenen die Wertgrenze von € 3.000,– übersteigt. Weiters immer, wenn eine Liegenschaft zum Nachlassvermögen gehört; also eine Liegenschaft, die noch nicht zu Lebzeiten übergeben wurde. Sind Minderjährige beteiligt, gilt die Wertgrenze von € 1.000,–. 3.2. Ausscheidung von Fällen aus der Verlassenschaftsabhandlung: – Abtuung armutshalber (§ 72 AußStrG). Wie bereits erwähnt, findet keine Verlassenschaftsabhandlung statt, wenn das Nachlassvermögen die vorerwähnten Wertgrenzen nicht übersteigt. In diesem Fall stellt das Gericht mit Beschluss fest, dass mangels eines Vermögens kein Verlassenschaftsverfahren stattfindet. – Überlassung an Zahlungsstatt (sog. Einantwortung jure crediti, § 73 AußStrG). Sind die Voraussetzungen für die Abtuung armutshalber nicht gegeben, der Nachlass aber unbedeutend und zu vermuten, dass nur die dringensten Verlassenschaftsschulden berichtigt werden können (Nachlassüberschuldung), ist er auf Antrag den Gläubigern an Zahlungs Statt zu überlassen, wozu das Gericht einen Beschluss zu erlassen hat. – Nachlass-Konkurs (§ 74 AußStrG). Über bedeutende überschuldete Nachlässe wird der Konkurs eröffnet, wobei die Bestimmungen der Konkursordnung anzuwenden sind. Liegt keiner dieser drei Fälle vor, so leitet das Gericht die Verlassenschaftsabhandlung ein, die im Endergebnis zur gerichtlichen Einantwortung führt. 4. Aufforderung zur Erbserklärung, Erbschaftserwerb: 4.1. Allgemeines: Liegen die Voraussetzungen, wie vorhin aufgezeigt, für die Einleitung des Verlassenschaftsverfahrens vor, sind die durch die Todfallsaufnahme ermittelten Erben durch das Gericht aufzufordern, die Erbserklärung abzugeben. In der Praxis geschieht dies durch Anberaumung einer Tagsatzung durch den Notar als beauftragter Gerichtskommissär, über welche er ein amtliches Protokoll aufnimmt. 4.2. Rechtsfolgen des § 120 AußStrG: Wenn Erben, welche ihr Vermögen selbst zu verwalten berechtigt sind, bei der Tagsatzung nicht erscheinen oder bei derselben oder in der zur schriftlichen Erklärung bestimmten Frist keine Erbserklärung abgeben, so ist die Erbschaft ohne Rücksicht auf ihre Ansprüche bloß mit jenen, welche sich zu Erben erklärt haben, zu verhandeln und denselben, insofern sie darauf Ansprüche haben, einzuantworten. In der Praxis werden die Erben auf die Sanktion des § 120 AußStrG bereits in der schriftlichen Ladung zur ersten Abhandlungstagsatzung hingewiesen. Es ist dies eine rein verfahrensrechtliche Bestimmung, weshalb ein Rechtsverlust als Folge der Versäumung der Erbserklärung nicht eintritt. Der Erbe kann bis zur Rechtskraft der Einantwortung immer noch die Erbserklärung abgeben. 4.3. Inhalt und Form der Erbserklärung: Die Erbserklärung muss enthalten: a) die ausdrückliche Erklärung die Erbschaft anzunehmen b) die Angabe des Berufungsgrundes (Gesetz, Testament oder Erbvertrag) c) die Angabe darüber, ob die Annahme mit oder ohne Rechtswohltat des Inventars erfolgt d) die Unterschrift des Erben oder seines Stellvertreters, wobei letzterer eine Spezialvollmacht benötigt. 4.4. Arten der Erbserklärungen: Nehmen die Erben die Erbschaft an, so haben sie zu wählen, ob sie eine a) bedingte Erbserklärung (Erbe haftet nur bis zur Höhe des Wertes des Nachlasses) oder b) unbedingte Erbserklärung (Erbe haftet für alle Forderungen der Gläubiger und Vermächtnisnehmer, auch wenn die Verlassenschaft nicht ausreicht und dann mit seinem eigenen Vermögen unbeschränkt) abgeben. 4.5. gerichtliche Annahme: Die Erbserklärung ist, auch wenn sie vom Gericht noch nicht angenommen wurde, unwiderruflich. Zu ihrer vollen Rechtswirksamkeit ist die Erbserklärung vom Verlassenschaftsgericht anzunehmen, wobei es zu prüfen hat, ob der Inhalt der Erklärung formgerecht ist und ob, wenn die Erbserklärung auf Grund einer letztwilligen Verfügung erfolgt, letztere den äußeren Formen einer letztwilligen Anordnung genügt. 4.6. Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft Den erbserklärten Erben kann auf Antrag sogleich die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses überlassen werden, wozu ein Gerichtsbeschluss erforderlich ist. 5. Ausschlagung Will ein Erbe keine Erbserklärung abgeben, wozu er nicht verpflichtet ist, hat er die Erbschaft auszuschlagen. Die Ausschlagung ist die dem Abhandlungsgericht (Gerichtskommissär) gegenüber abgegebene Erklärung, eine angefallene Erbschaft nicht anzunehmen. Die Ausschlagung bewirkt, dass der Anfall als nicht erfolgt gilt und der Ausschlagende als Erbe ausscheidet. 6. Errichtung des Inventars durch den Gerichtskommissär: 6.1. bei bedingter Erbserklärung: Haben die Erben eine bedingte Erbserklärung abgegeben, ist die Errichtung des Inventars durch den Gerichtskommissär erforderlich. 6.2. von Amts wegen: Darüberhinaus ist in bestimmten Fällen ein Inventar mit den oben genannten Wirkungen von Amts wegen zu errichten (z.B. wenn minderjährige oder pflegebefohlene Personen am Verfahren beteiligt sind). Wie das Inventar zu errichten ist, darüber geben die §§ 93 – 113 AußStrG erschöpfend Auskunft. Das Inventar ist ein genaues und vollständiges Verzeichnis des gesamten beweglichen und unbeweglichen Vermögens, das dem Erblasser bei seinem Tod gehört hat, samt Bewertung bezogen auf den Todeszeitpunkt (§ 97 AußStrG). Das Inventar enthält auch eine Aufstellung über die Passiven der Verlassenschaft. Das Inventar wird durch den Gerichtskommissär errichtet, der die erforderlichen Sachverständigen beizieht, wenn der Wert des Nachlassvermögens durch eine Schätzung ermittelt werden muss (z.B. bei Liegenschaften, die zum Nachlass gehören). 7. Abgabe des Vermögensbekenntnisses: Geben die Erben eine unbedingte Erbserklärung ab, ist ein Eidesstättiges Vermögensbekenntnis zu errichten, in dem sie die Aktiva und Passiva selbst erfassen und bewerten können. Die Errichtung eines – oft teuren – Inventars ist nicht erforderlich. 8. Gläubigereinberufung: Die bedingte Erbserklärung, verbunden mit Inventarerrichtung bietet dem Erben noch keinen genügenden Schutz. Auf Antrag des Erben erfolgt die Gläubigereinberufung durch Gerichtsedikt während der Verlassenschaftsabhandlung, wobei die Gläubiger aufgefordert werden, ihre Forderungen in einer vom Gericht festgesetzten angemessenen Frist anzumelden. 9. Einantwortung, Endbeschluss: Liegen die Erbserklärungen, das Inventar oder das Vermögensbekenntnis, und die Schlussanträge vor, wird das Verlassenschaftsverfahren abgeschlossen und der Akt durch den Gerichtskommissär an das Verlassenschaftsgericht zur Erlassung der Einantwortungsurkunde überreicht. Die Einantwortung ist ein Beschluss des Gerichtes, der den Übergang des Eigentums an der Verlassenschaft auf den (die) Erben bewirkt. Dies gilt auch für Liegenschaften. In der Einantwortungsurkunde wird festgestellt, wer Erbe des Verstorbenen und damit sein Rechtsnachfolger ist. Bei mehreren Erben hat sie auch die Erbquote zu enthalten. Gleichzeitig legt das Gericht in einem gesonderten Endbeschluss fest, welche Verfügungen (z.B. Einräumung der Verfügungsberechtigung über Bankkonten zugunsten eines oder mehrerer Erben) es trifft. 10. Bezahlung der Steuern und Gebühren, Unbedenklichkeitsbescheinigung Mit Zustellung der Einantwortungsurkunde werden den Erben die vom Gericht bestimmten Gerichtskommissionsgebühren des Notars und die Gerichtsgebühren zur Zahlung vorgeschrieben. Anschließend geht der Verlassenschaftsakt vom Gericht an das zuständige Gebührenfinanzamt. Dieses leitet das Steuerverfahren ein und schreibt den Erben die Erbschaftssteuer vor. Ist die Erbschaftssteuer von den Erben bezahlt worden, stellt das Finanzamt bei Liegenschaften die steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung aus. 11. Eintragung in das Grundbuch Hat der Erbe eine Liegenschaft geerbt, kann er beim Verlassenschaftsgericht unter Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung und der Einantwortungsurkunde die Eintragung seines Eigentumsrechtes im Grundbuch beantragen. Er erwirbt das Eigentum an einer Liegenschaft jedoch schon durch die Einantwortung und nicht erst durch die Eintragung im Grundbuch.

V. Mitwirkung des Notars bei der Eigentumsübertragung von Liegenschaften aus der Erbmasse: Bei Eigentumsübertragungen von Liegenschaften, die zur Erbmasse gehören, an den oder die rechtmäßigen Erben, üben die österreichischen Notare im Rahmen des bereits geschilderten Verlassenschaftsverfahrens eine wichtige Funktion aus. Im Rahmen ihrer Tätigkeit als Gerichtskommissäre gehören nämlich zu den Amtshandlungen nach § 1 Abs. 1 Gerichtskommissärsgesetz u.a. 1) die gerichtliche Erbteilung vor der Einantwortung; in diesem Falle wird im Rahmen des vom Notar als Gerichtskommissär zu erstellenden Protokolls ein Erbteilungsübereinkommen, also ein zwischen mehreren Erben abgeschlossener Vertrag ausgearbeitet, mit welchem die Eigentumsübertragung an der Nachlassliegenschaft und andere Vereinbarungen in Bezug auf diese Liegenschaft (z.B. Einräumung eines Fruchtgenussrechtes zugunsten eines Erben) vertraglich festgelegt werden; 2) die Vorbereitung der Verbücherung der Einantwortungsurkunde. Damit schafft der Notar im Verlassenschaftsverfahren bereits die wichtigsten Voraussetzungen für die spätere Verbücherung der Abhandlungsergebnisse. Bemerkung : Da sich ein gesondertes Referat im Rahmen der heutigen Tagung ausführlicher mit den Themen Erbteilungsübereinkommen und Aufgaben des Notars im Zusammenhang mit Eigentumsübertragungen an Liegenschaften aus der Erbmasse befassen wird, erübrigt es sich, in diesem Referat näher auf diese Bereiche einzugehen.

VI. Anwendungsfälle des IPR-Gesetzes (Bundesgesetz vom 15. Juni 1978 über das Internationale Privatrecht, BGBl. Nr. 304/1978) im österreichischen Verlassenschaftsverfahren: 1. Allgemeines und gesetzliche Grundlagen Dieses Referat wäre unvollständig, würde es abschließend nicht auch noch Fälle miteinbeziehen, in welchen der Nachlass eines ausländischen Staatsbürgers Gegenstand des österreichischen Verlassenschaftsverfahrens ist. Bei einem internationalen Erbfall“ bestimmt gemäß § 28 Abs. 1 IPRG das Personalstatut (Heimatrecht) des Verstorbenen im Zeitpunkt seines Todes, welche Personen als Erben berufen sind, welche Erbteile ihnen zukommen usw. Dieses materielle Recht gilt für den gesamten Nachlass, unabhängig, wo er sich befindet. Soweit jedoch die Verlassenschaft in Österreich abgehandelt wird, ist nach § 28 Abs. 2 IPRG der Erbschaftserwerb (Erbserklärung und Einantwortung) und die Haftung für Nachlassschulden nach österreichischem Recht zu beurteilen. Zusätzlich regeln die §§ 107 und 108 Jurisdiktionsnorm für Ausländer die örtliche und sachliche Zuständigkeit für die Durchführung der Verlassenschaftsabhandlung. Diese Vorschriften werden ergänzt durch die Bestimmungen der §§ 22 und 23 AußStrG, welche die Reichweite der österreichischen Abhandlungsgerichtsbarkeit für Ausländer regeln. 2. Beweglicher Nachlass von Ausländern in Österreich: Die inländische Behörde hat die Abhandlung und die Entscheidung über streitige Erbansprüche in Ansehung des im Inland befindlichen beweglichen Nachlasses eines Ausländers der zuständigen ausländischen Behörde zu überlassen und sich auf die Sicherung des Nachlasses und bestimmte im AußStrG geregelten Vorkehrungen zu beschränken, wenn der Verstorbene einem Staate angehört, der einen gleichen Grundsatz befolgt oder im Inlande weder einen Wohnsitz noch eine Niederlassung hatte. In diesem Fall findet das sogenannte Ausfolgungsverfahren statt (§ 23 AußStrG). Das österreichische Verlassenschaftsgericht hat daher die Abhandlung des inländischen beweglichen Nachlasses von Ausländern nur dann vorzunehmen, wenn ein inländischer Wohnsitz vorliegt und der Heimatstaat nicht Gegenseitigkeit übt oder wenn das Vorgehen des ausländischen Staates nicht ermittelt werden kann. Das gleiche gilt, wenn der ausländische Staat es ablehnt, über den Nachlass seiner Staatsangehörigen zu verfügen. 3. Unbeweglicher Nachlass von Ausländern in Österreich: 3.1. Allgemeines: Der in Österreich befindliche unbewegliche Nachlass (Liegenschaften) unterliegt gemäß § 22 AußStrG uneingeschränkt – da Gegenseitigkeitsvereinbarungen nicht bestehen – der österreichischen Abhandlungsgerichtsbarkeit. Zuständig ist – ohne Rücksicht auf den letzten Wohnsitz des Erblassers – jenes Bezirksgericht, in dessen Sprengel das unbewegliche Vermögen gelegen ist. 3.2. praktischer Fall: Was passiert, wenn z.B. ein italienischer Staatsbürger verstirbt, dem in Österreich eine Liegenschaft gehört? Um die Eintragung des Eigentumsrechtes des (der) rechtmäßigen Erben im österreichischen Grundbuch zu erwirken, muss ein Verlassenschaftsverfahren in Österreich eingeleitet werden. Dazu müssen die Erben selber aktiv werden, indem sie den Sterbefall dem zuständigen Bezirksgericht, in dessen Sprengel die Nachlassliegenschaft gelegen ist, melden. Dazu ist die Übersendung einer Sterbeurkunde (beglaubigte Übersetzung) an das zuständige Bezirksgericht erforderlich, welches sodann den zuständigen Notar mit der Errichtung der Todfallsaufnahme und der Abwicklung des Verlassenschaftsverfahrens bis zur Einantwortung beauftragt. Materiellrechtlich unterliegt dieser unbewegliche Nachlass dem Heimatrecht des Verstorbenen (§ 28 Abs. 1 IPRG), sodass für die Erbfolge italienisches Erbrecht gilt. Existiert z.B. ein Testament in italienischer Sprache, muss zudem eine beglaubigte Übersetzung dem zuständigen Bezirksgericht zur amtlichen Kundmachung übermittelt werden, damit es dem Verlassenschaftsverfahren zu Grunde gelegt werden kann. Für die Durchführung des Verlassenschaftsverfahrens, insbesondere im Hinblick auf Erbschaftserwerb und Haftung für Nachlassschulden ist jedoch österreichisches Recht anzuwenden (§ 28 Abs. 2 IPRG). Es müssen also die Erben des verstorbenen italienischen Staatsbürgers persönlich oder durch einen bevollmächtigten Vertreter zu einer Tagsatzung beim zuständigen österreichischen Notar erscheinen, um die Erbserklärung und alle sonst notwendigen Anträge und Erklärungen abzugeben, worüber ein Protokoll aufgenommen wird. Bezüglich der bereits geschilderten Verfahrensschritte im einzelnen wird auf die Ausführungen im Punkt IV. dieses Referates verwiesen. Wie bereits erwähnt, endet das Verfahren mit der Erlassung der Einantwortungsurkunde durch das Bezirksgericht, welche zugleich die Grundlage für die Grundbuchseintragung ist. Anschließend bereitet der zuständige österreichische Notar im Rahmen des ihm erteilten Auftrages auch die Verbücherung der Einantwortungsurkunde vor. Wie bei allen Verlassenschaften, zu denen Liegenschaften gehören, ist zusätzliche Voraussetzung für die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Erben die steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung. Diese wird vom zuständigen österreichischen Finanzamt ausgestellt, sobald nach Abschluss des Steuerverfahrens die Erbschaftssteuern bezahlt worden sind. Hinsichtlich der erbschaftssteuerrechtlichen Konsequenzen von internationalen“ Erbfällen, die nicht Gegenstand dieses Referates sind, wird auf die geltenden Steuergesetze der betreffenden Staaten verwiesen.

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