Die Miteigentümergemeinschaft, Grundsätze nach österreichischem Recht
Im nachfolgenden werden anhand der vorgegebenen Fragen die grundsätzlichen Bestimmungen im Zusammenhang mit der Miteigentümergemeinschaft erörtert, die im wesentlichen in den §§ 825 ff ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch) geregelt sind. Von besonderer praktischer Relevanz sind auch die Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG), die dem Miteigentümer einer Liegenschaft das Recht einräumen, eine Wohnung allein zu benützen und auch allein über diese Wohnung zu verfügen. Diese Bestimmungen des WEG können aufgrund der Vorgaben und der zeitlichen Grenzen nur am Rande behandelt werden. Im folgenden wird im wesentlichen auf die Miteigentümerschaft bezüglich Liegen-schaftsanteilen eingegangen, da das Miteigentum an beweglichen Sachen weniger rechtliche Schwierigkeiten bzw. Unklarheiten mit sich bringt:
1. Was ist nach österreichischem Recht eine Miteigentümergemeinschaft und wie kann sie entstehen?
Gemäß § 825 ABGB besteht eine Gemeinschaft immer dann, wenn das Eigentum einer Sache mehreren Personen zukommt. Wichtig dabei ist, dass nicht die Sache selbst, sondern das Recht an der Sache unter den Miteigentümern geteilt ist, sodass jeder nur über sein Anteilsrecht verfügen kann und nur alle gemeinsam über das Eigentum an der Gesamtsache. (Ausnahme: das sogenannte Stockwerkseigentum, das nicht mehr neu begründet werden darf) Die Miteigentümergemeinschaft kann durch das Gesetz, durch eine letztwillige An-ordnung oder durch einen Vertrag entstehen.
2. Abgrenzung gegenüber einer Gesellschaft.
Bei einer Gesellschaft gibt es ein Zusammenwirken der Mitbeteiligten, das über den bloßen Gemeinschaftsbesitz und dessen Verwaltung hinausgeht, da es sich bei einer Gesellschaft um ein organisiertes gemeinschaftliches Zusammenwirken der Gesellschafter zur Erreichung eines bestimmten Zweckes handelt. Bei einer Miteigentümergemeinschaft ist die notwendige Verwaltung des Miteigen-tums eine bloße Folge des Umstandes, dass mehrere Miteigentümer vorhanden sind; anders als die Gesellschaft ist die Miteigentümergemeinschaft in der Regel bloß eine „communio incidens“.
3. Hat die Miteigentümergemeinschaft Rechtspersönlichkeit und kann sie selbständig auftreten?
Die Miteigentümergemeinschaft wird durch sämtliche Miteigentümer vertreten und hat nach österreichischen Recht keine Rechtspersönlichkeit, sodass Rechtshandlungen nur dann von der Miteigentümergemeinschaft rechtsgültig gesetzt werden können, sofern alle Miteigentümer zugestimmt haben. Im Rahmen der bestehenden Formvorschriften ist jedoch die Bevollmächtigung eines anderen Miteigentümers zulässig.
4. Wie wird die Miteigentümergemeinschaft verwaltet?
Die Bestellung eines Verwalters der Miteigentümer ist möglich, wobei zwischen der Frage, ob überhaupt ein Verwalter bestellt werden soll, und der Frage, wer zum Ver-walter bestellt werden soll, unterschieden werden muss. Bei der Frage, ob ein Verwalter bestellt werden soll, ist die Einigung unter allen Mit-eigentümern herzustellen, wobei es ein Gerichtsverfahren (Außerstreitverfahren) gibt, in dem auch die Zustimmung einzelner Miteigentümer in Ausnahmefällen durch einen Beschluss des Gerichtes ersetzt werden kann. Die Auswahl der Person des Verwalters kann gemäß § 836 ABGB die einfache Mehrheit der Miteigentümer bestimmen (bei allen Abstimmungen ist die Mehrheit nach Anteilen, nicht nach Köpfen zu berechnen).
5. Gibt es Möglichkeiten zur internen Regelung durch die Beteiligten?
Die Miteigentümer können eine zivilrechtliche Benützungsvereinbarung treffen, die bei unbeweglichen Sachen dann für die Rechtsnachfolger Geltung behält, wenn sie im Grundbuch angemerkt ist. Wichtig dabei ist, dass diese Benützungsvereinbarung nur einstimmig getroffen werden kann (Ausnahmen in Einzelfällen im WEG). Bei Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung (Maßnahmen, die im objektiven Interesse aller Miteigentümer gelegen sind und keine besonderen Kosten verursa-chen; Abgrenzung teilweise sehr strittig) können von der Mehrheit der Miteigentümer entschieden werden, wobei bei wichtigen Veränderungen die Überstimmten eine Sicherstellung für allfällige künftige Schäden verlangen können. Weiters könnten die Überstimmten unter gewissen Voraussetzungen den Austritt aus der Gemeinschaft verlangen.
6. Wie können Verfügungsgeschäfte getätigt werden?
Jeder Miteigentümer kann seinen Miteigentumsanteil ohne Zustimmung der anderen Miteigentümer verkaufen und auch belasten (z.B. Pfandrecht einräumen), sofern keine Vereinbarungen unter den Miteigentümern getroffen wurden (siehe nächster Punkt).
7. Welche Rechte haben die Teilhaber untereinander und gegenseitig?
Jeder der Miteigentümer kann über seinen Miteigentumsanteil frei verfügen und ist er in seiner Verfügung nicht beschränkt, sodass die übrigen Miteigentümer keine bevorzugte Stellung kraft Gesetzes haben, wenn ein Miteigentümer seinen Anteil verkaufen möchte. Es gibt die Möglichkeit, dass sich die Miteigentümer gegenseitige Vorkaufsrechte einräumen, die auch im Grundbuch angemerkt werden können. Dieses Vorkaufs-recht besteht, solange der Berechtigte lebt und kann mit Vorlage einer Sterbeurkun-de des Vorkaufsberechtigten im Grundbuch wieder gelöscht werden (Vorkaufsrecht für juristische Personen möglich, Ende mit Auflösung der juristischen Person). Gegenseitige Belastungs- und Veräußerungsverbote können ebenfalls vereinbart werden, wobei gemäß § 364c ABGB ein Belastungs- und Veräußerungsverbot nur gegen Dritte Wirkung entfaltet, wenn es zwischen Ehegatten, Eltern und Kindern, Wahl- oder Pflegekindern oder deren Ehegatten begründet und im Grundbuch eingetragen wird. Abschließend ist zu dieser Frage noch auszuführen, dass jeder Miteigentümer das Recht zur Benützung der gemeinsamen Sache hat, soweit die Gebrauchsmöglichkeit unbeschränkt ist (z.B. Begehung eines gemeinsamen Weges). Bei beschränkter Gebrauchsmöglichkeit (z.B. Abstellen eines Autos auf einem ge-meinsamen Platz) muss eine Benützungsvereinbarung zwischen den Miteigentümern getroffen werden.
8. Wie kann eine Miteigentümergemeinschaft aufgelöst werden?
Die Miteigentümergemeinschaft kann einvernehmlich durch alle Miteigentümer jederzeit aufgehoben werden. Sofern kein Einvernehmen besteht, kann jeder Eigentümer die Teilung mit der sogenannten Teilungsklage durch das Gericht beantragen, wobei die Aufhebungsvereinbarung oder das Urteil durch eine Teilung zu vollziehen ist. Erst mit dem Vollzug wird die Gemeinschaft beendet. Ziel des Gesetzgebers ist es, dass das Miteigentum vorrangig real geteilt wird, wobei der Gesetzgeber auch im § 3 Abs 1 Zif 3 WEG die Wohnungseigentumsbegründung durch gerichtliche Entscheidung ermöglicht hat. Sollte die Realteilung nicht oder nur unter beträchtlicher Minderung des Wertes der Sache möglich sein, muss das Objekt gerichtlich versteigert werden und wird hier der Erlös unter den Miteigentümern je nach Verhältnis aufgeteilt. Die Teilungsklage darf gemäß § 830 ABGB nicht zur Unzeit oder zum Nachteil der übrigen erfolgen, was wiederholt zu Auslegungsschwierigkeiten bei Rechtstreitigkeiten führt. Laut Rechtsprechung ist zum Beispiel die Krankheit eines Miteigentümers nur dann ein Hinderungsgrund für die Teilungsklage, wenn sie in absehbarer Zeit heilbar ist oder der Kranke nur mehr eine sehr geringe Lebenserwartung hat. Grundsätzlich kann auf die Einbringung einer Teilungsklage verzichtet werden (auch schlüssig), wobei besonders wichtig ist, dass derartige Vereinbarungen zur Fortsetzung einer Gemeinschaft immer Dauerschuldverhältnisse begründen, die gemäß Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) aus wichtigen Gründen vorzeitige aufgehoben werden können, da die Begründung einer dauernden Gemeinschaft laut OGH nicht möglich ist und daher bei Unzumutbarkeit der Fortsetzung trotzt allfälliger anderslautender Vereinbarungen die Gemeinschaft aufgehoben werden kann.
9. Gibt es Sonderformen von Miteigentumsgemeinschaften?
Die wichtigste Sonderform des Miteigentums ist im österreichischen Recht das Wohnungseigentumsrecht, also das einem Miteigentümer einer Liegenschaft eingeräumte Recht, eine selbständige Wohnung oder eine sonstige selbständige Räumlichkeit ausschließlich zu nutzen und hierüber allein zu verfügen (§ 2 Abs 1 WEG). Der Eigentümer einer Wohnung kann die Wohnung unabhängig von den anderen Miteigentümern selbständig benützen, verkaufen und belasten und ist nicht auf die Zustimmung der anderen Miteigentümer angewiesen. Weiters gibt hier es keine Gefahr einer Teilungsklage. Lediglich bei den allgemeinen Flächen, die alle Wohnungseigentümer benützen, bedarf es allenfalls der Vereinbarung einer Benützungsregelung. Wichtig ist, dass Wohnungseigentum nur maximal von 2 Personen begründet werden kann und ist diese sogenannte Eigentümerpartnerschaft so stark, dass sämtliche Verfügungen über das Wohnungseigentum nur von beiden Partnern gemeinsam getroffen werden können. Ohne hier auf weitere Details eingehen zu können, erscheint mir auch besonders erwähnenswert, dass im Falle des Ablebens einer der beiden Wohnungseigentümer das Eigentumsrecht dieses Hälfteanteils nicht an die Erben, sondern auf den überlebenden Wohnungseigentümerpartner übergeht, der in diesem Fall eine Geldzahlung an die Erben zu leisten hat. Es kann daher nicht mehr, wie früher gesetzlich möglich, der Hälfteanteil an einer Wohnung einer dritten Person vermacht werden.