Referat zum Thema:
Die Rolle des österreichischen Notars in Erbschaftsangelegenheiten, insbesondere beim Abschluss von Erbteilungsübereinkommen und beim Eigentumserwerb an Nachlassliegenschaften
I. Einleitung Dem österreichischen Notar kommt sowohl als Gerichtskommissär als auch als Rechtsberater, Parteienvertreter und Urkundenverfasser eine zentrale Rolle in allen Erbschaftsfragen, insbesondere im Zuge der Nachlassregelung zu. Auch bei der Errichtung von Urkunden über Erbverzicht, Erbschaftskauf oder Erbteilung, Übertragung von Liegenschaften aus der Erbmasse oder Abgeltung von Pflichtteilsansprüchen steht der Notar mit seiner juristischen Fach-kompetenz und seiner Berufs- und Lebenserfahrung den Parteien mit Rat und Tat zur Seite. Bemerkung: Die folgenden Ausführungen basieren auf dem im Rahmen der heutigen Tagung vorausgegangenen Referat zur Rolle des Notars im österreichischen Verlassenschaftsverfahren und wird daher hinsichtlich der rechtlichen Grundlagen und Fachbegriffe – soweit bereits behandelt – auf die dortigen Erläuterungen verwiesen. Verweise auf das Bundesgesetz über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen (Außerstreitgesetz – AußStrG) beziehen sich auf den derzeit geltenden Gesetzestext und wird hiezu angemerkt, dass das Außerstreitrecht, welches in seinen Grundzügen auf das Jahr 1854 zurückgeht, demnächst umfassend geändert werden soll. Der diesbezügliche Gesetzesentwurf, welcher bereits zur Begutachtung ausgesandt wurde, sieht dabei – unter Beibehaltung der bewährten Grundsätze – eine Anpassung des Gesetzes an moderne Lebensverhältnisse vor. Die Aufgaben des Notars als Gerichtskommissär und damit seine zentrale Stellung im Verlassenschaftsverfahren werden in bewährter Form beibehalten.
II. Dispositionsmöglichkeiten des Erben über den Erbteil 1. Disposition über den künftigen Erbteil: 1.1. Verbot der Veräußerung des künftigen Erbteils: Eine Veräußerung des Erbrechtes zu Leb-zeiten des Erblassers ist nichtig (§ 879 Abs. 2 Z. 3 ABGB), ein hierüber abgeschlossener Vertrag daher ungültig. 1.2. Erb- oder Pflichtteilsverzicht: Der Erbverzicht ist der Verzicht auf ein künf-tiges Erbrecht durch Vertrag zwischen dem Berechtigten und dem Erblasser und kann sich entweder auf den gesetzlichen Erbteil oder nur auf das gesetzliche Pflichtteilsrecht beziehen. Der Verzicht beseitigt den Berufungsgrund und wird häufig gegen Abfindung geschlossen. Er kann auch unter einer Bedingung (bedingter Verzicht) oder nur in bezug auf Teile des Vermögens (partieller Verzicht) abgeschlossen werden. Der Verzicht bedarf zu seiner Rechtsgültig-keit der Form des Notariatsaktes oder des gerichtlichen Protokolles (§ 551 ABGB). Der Erb- oder Pflichtteilsverzicht stellt die einzige Möglichkeit der wirksamen Verfügung über ein künftiges Erbrecht dar. 2. Disposition über den bereits angefallenden Erbteil: 2.1. Erbschaftskauf: Das Erbrecht kann nach dem Erbfall (Tod des Erblassers) veräußert werden. Die entgeltliche Veräußerung des Erbrechts zwischen Erbfall und Einantwortung erfolgt durch Erbschaftskauf (§§ 1278 ff ABGB) und kann sowohl vor als auch nach der Abgabe einer Erbserklärung stattfinden. Der Käufer ist zwar nicht selbst Erbe, tritt jedoch an dessen Stelle und muß das Verlassenschaftsverfahren in jenem Stadium hinnehmen, in dem es sich befindet und haftet solidarisch mit dem Verkäufer für Schulden. Der Erbschaftskauf bedarf zu seiner Rechts-gültigkeit der Form des Notariatsaktes oder des gerichtlichen Protokolles. 2.2. Erbschaftsschenkung: Die Erbschaftsschenkung ist die unentgeltliche Veräußerung des Erbrechtes zwischen Erbfall und Einantwortung. Die strengen gesetzlichen Regeln des Erb-schaftskaufes gelten auch für die Erbschafts-schenkung. 2.3. Ausschlagung: Die Ausschlagung (Erbsentschlagung, negative Erbserklärung) ist die gegenüber dem Abhandlungsgericht abgegebene (einfache) Erklärung, eine Erbschaft nicht anzunehmen. Sie führt zum Verlust des Erbrechtes zugunsten der nachberufenen Erben. Ein Erbteil kann grundsätzlich nur so ange-nommen werden, wie er anfällt, Teilannahme oder Teilausschlagung sind unzulässig. Ausgenommen hievon ist jedoch die Möglichkeit eines Pflichtteilsberechtigten, die Erbschaft mit Vorbehalt des Pflichtteils auszuschlagen, das heißt nur jenen Teil der Erbschaft anzunehmen, der seinen Pflichtteil deckt. Der Pflichtteilsberechtigte kann damit nicht statt der tatsächlich zugewendeten Pflichtteilsdeckung den Pflichtteil in Geld fordern. Andererseits kann der Erbe das Zugedachte dann ausschlagen und den Geldpflichtteil wählen, wenn die Zuwendung wegen einer Belastung zur Pflichtteilsdeckung ungeeignet ist und die Belastung nicht auf die Mehrzuwendung beschränkt werden kann, also unteilbar ist. Die bloße Nichtgeltendmachung von Ansprü-chen (§ 120 AußStrG) führt nicht zum Verlust des Erbrechtes, sodass dieses weiterbesteht. (Nach neuerer Auffassung verjährt das Erbrecht nicht). 2.4. Ausschlagung zugunsten Dritter“: Entschlagungen zugunsten bestimmter Personen, die nicht nachberufen sind, gelten als Erbrechtsveräußerungen und unterliegen als solche den strengen Regelungen über Erbschaftskauf und Erbschaftsschenkung. Dies hat jedoch vor allem auch (ungünstige) steuerliche Konsequenzen, da die qualifizier-te Erbsentschlagung zwei Steuerfälle, jene des Erben durch den Erbfall und jene des Begünstigten durch die Entschlagung auslöst.
III. Aufhebung der Erbengemeinschaft/ Erbteilungsübereinkommen 1. Erbengemeinschaft: Mehrere Erben stehen in einer Gemein-schaft, die nicht auf ihrem Willen, sondern auf dem Gesetz beruht, und daher eine communio incidens ist. Diese Rechtsgemeinschaft bezieht sich vor der Einantwortung auf das Erbrecht, danach auf die ererbten Rechte und Pflichten. Jeder Erbe ist daran entsprechend seiner Erbquote beteiligt und bereits vor der Einantwortung berechtigt, seinen Anteil ohne Zustimmung der übrigen Erben zu veräußern (§ 1278 ABGB). Durch die Einantwortung werden die Mit-erben im Umfang ihrer Erbquote Miteigentümer der Nachlassgegenstände (§ 550 ABGB). 2. Erbteilung: Die Erbengemeinschaft wird durch die Erbteilung aufgehoben. Die Erbteilung kann von jedem Miterben vor oder nach der Einantwortung verlangt werden. Erfolgt die Erbteilung jedoch vor der Einantwortung, wird sie erst mit dieser dinglich wirksam. Ist eine Erbteilung durchzuführen, von der minderjährige oder pflegebefohlene Erben betroffen sind, und erfolgt diese Erbteilung vor der Einantwortung, so ist dem Gericht ein Erbteilungsausweis zur Genehmigung vorzulegen (§§ 167 ff AußStrG). Gegenstand der Erbteilung ist der gesamte Nachlass oder Teile hievon. 3. Erbteilungsübereinkommen: Die Erbteilung erfolgt meist durch Abschluss eines Erbteilungsübereinkommens. Dieses kann vor Gericht, Notar oder außer-gerichtlich durchgeführt werden. Lediglich im Bereich des Anerbenrechtes ( = bäuerliches Sondererbfolgerecht) muß die Erbteilung von Amts wegen vor der Einantwortung erfolgen, es sei denn diese Erbteilung wird über Antrag der Erben aus wichtigen Gründen aufgeschoben. Das Erbteilungsübereinkommen ist ein mehrseitiger Vertrag und bedarf daher der Einstimmigkeit. Es muß bei Beteiligung von minderjährigen oder pflegebefohlenen Erben zu seiner Gültigkeit pflegschaftgerichtlich genehmigt werden. Für den Inhalt des Erbteilungsübereinkom-mens sind in erster Linie die letztwilligen Teilungsanordnungen des Erblassers maß-geblich. Die Beteiligten können jedoch ein-vernehmlich auch eine andere Verteilung des Nachlassvermögens vornehmen. Eine solche dem Willen des Erblassers widersprechende Aufteilungsregelung kommt nicht selten vor, wenn der Wille des Erblassers schwer durchführbar ist oder sich die Verhältnisse seit Testamentserrichtung geändert haben. Sie findet ihre Grenzen jedoch dort, wo das Erbrecht durch den Erblasser letztwillig von bestimmten Bedingungen oder Auflagen abhängig gemacht wurde. Häufig werden im Zuge eines Verlassen-schaftsverfahrens Vermögenswerte durch Erbübereinkommen im Sinne einer vorweg-genommenen weiteren Erbfolge etwa vom überlebenden Ehegatten oder älteren Erben bereits an nächste Generationen weitergegeben. Trifft der Erblasser keinerlei Erbteilungs-anordnungen, sind die Erben völlig frei in der Aufteilung des Nachlasses. Meist werden einzelne Nachlassgüter in das Alleineigentum eines Miterben gegen geld-mäßige Abfindung der übrigen übertragen und insbesondere eine interne Regelung bezüglich der Nachlassschulden getroffen.Auf Erbteilungsan-prüche kann im übrigen ganz oder teilweise verzichtet werden. Wenn das Erbteilungsübereinkommen noch im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens und vor der Einantwortung abgeschlossen wird, ist die dadurch ausgelöste Steuern- und Gebührenbelastung in der Regel gering. Nach Einantwortung abgeschlossene Erb-übereinkommen lösen hingegen zusätzliche Abgabenbelastungen etwa im Bereich der Grunderwerbsteuer, Einkommensteuer oder Umsatzsteuer aus.Steuerliche Überlegungen sind vor allem dann anzustellen, wenn sich im Nachlass Liegenschaften oder Unternehmen befinden. Der Gerichtskommissär unterstützt die Erben im Verlassenschaftsverfahren bei der Er-zielung von Erbübereinkommen und steht ihnen mit Rat und Tat zur Seite. Gerade im Zuge des amtlichen Verlassenschaftsverfahrens stehen die Chancen gut, Einvernehmen zwischen den Erben herzustellen und so meist den Erhalt des Fami-ienvermögens auch für die Zukunft zu sichern. Der Notar ist hier gefordert, seine Fachkompe-tenz und Erfahrung, sein Verhandlungsgeschick sowie Fingerspitzengefühl einzu-bringen. Dabei stehen den Erben grundsätzlich alle Möglichkiten der Gestaltung des Erbteilungsvertrages offen. 3.1. Exkurs: Aufgriffsrecht Zu einer besonderen Art der Erbauseinan-dersetzung kommt es beim Aufgriffsrecht. Darunter versteht man das dem Begünstigten vom Erblasser mittels letzwilliger Verfügung oder Vertrag eingeräumte Recht, den ganzen Nachlass oder bestimmte Gegen-stände hieraus (meist gegen Abfindung) zu erwerben. Das einem Miterben eingeräumte Aufgriffsrecht wird überwiegend als Erbteilungsanordnung angesehen. Aufgriffsvereinbarungen finden sich in der Praxis häufig in Gesellschaftsverträgen oder in Erbverträgen zwischen Ehegatten. Im Anerbenrecht existiert ein gesetzliches Aufgriffsrecht. 3.2. Erbteilungsklage: Kommt zwischen den Erben keine Einigung zustande, so ist die Aufhebung der Erben-gemeinschaft durch Erbteilungsklage durchzusetzen. Die Erbteilungsklage kann sowohl vor als auch nach der Einantwortung (§ 170 AußStrG) beim Verlassenschafts-gericht (§ 77 Abs. 2 Jurisdiktionsnorm) eingebracht werden. Im Erbteilungsprozess ist der Richter an die Erbteilungsanordnungen des Erblassers gebunden; Ergebnis ist in der Regel die Real- oder Zivilteilung der Erbschaft.
IV. Pflichtteilsrecht/-übereinkommen Die (Testier-) Freiheit des Erblassers, über sein Vermögen letztwillig zu verfügen, ist durch das (materielle) Pflichtteilsrecht gesetzlich zugunsten bestimmter naher Angehöriger eingeschränkt. Hat der Erblasser den Pflichtteil nicht oder nur zum Teil hinterlassen, steht dem Pflichtteils-berechtigten (sog. Noterbe) ein auf Geld ! lautender Anspruch auf Auszahlung bzw. Ergänzung seiner Pflichtteilsquote zu. Pflichtteilsübereinkommen zur Abgeltung des Pflichtteilsanspruches (eigenberechtigter) Pflichtteilsberechtigter können wie Erbteilungsübereinkommen noch im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens oder außer-gerichtlich vor oder nach der Einantwortung des Nachlasses abgeschlossen werden. Für nicht eigenberechtigte minderjährige oder pflegebefohlene Pflichtteilsberechtigte ist eine Pflichtteilsgeltendmachung bzw. -regelung jedenfalls bereits im Verlassenschaftsverfahren durchzuführen und hierüber dem Gericht ein Pflichtteilsausweis vorzulegen (§ 162 AußStrG). Ansonsten ist der Pflichtteilsanspruch von eigenberechtigten Noterben grundsätzlich binnen drei Jahren (nach Testamentskundmachung) gerichtlich geltendzumachen. Der Pflichtteilsanspruch entsteht mit dem Ableben des Erblassers und ist sofort vererbbar, übertragbar oder pfändbar. Zur Vermeidung einer Ungleichbehandlung von Pflichtteilsberechtigten oder Vereitelung des Pflichtteilsanspruches sind bei der Pflichtteilsberechnung über Verlangen bestimmte vom Erblasser letztwillig oder noch zu Lebzeiten erfolgte unentgeltliche Zuwendungen bzw. Schenkungen anzurechnen. Exkurs: Enterbung: Der gesetzliche Pflichtteil kann rechtmäßig nur durch die Enterbung entzogen werden und setzt das Vorliegen eines Enterbungs-grundes voraus (§§ 768 ff ABGB). Die Enterbungsgründe, schwere Verfehlungen des Erben, sind im Gesetz aufgezählt. Auch das gesetzliche Vorausvermächtnis des Ehegatten (§ 758 ABGB) – welches die zum ehelichen Haushalt gehörigen Sachen und das Recht, in der Ehewohnung weiter zu wohnen, umfasst – hat pflichtteilsähnlichen Charakter und kann nur durch rechtmäßige Enterbung entzogen werden.
V. Veräußerung von Gütern aus Erbmasse 1. vor Erlassung der Einantwortung: Im Einzelfall können bereits im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens Güter, zB Liegenschaften oder Kraftfahrzeuge, aus der Erbmasse veräußert werden. Veräußerer ist in diesem Falle die Verlassenschaft als juristische Person. Sie kann vor Abgabe einer Erbserklärung durch einen gerichtlich bestellten Verlassen-schaftskurator, nach Abgabe einer Erbserklärung und erfolgter beschluss-mäßiger Überlassung der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses an den erbserklärten Erben durch diesen vertreten werden (§ 145 AußStrG). In beiden Fällen bedarf das Rechtsgeschäft zu seiner Rechtsgültigkeit jedoch einer Genehmigung durch das Verlassenschafts-gericht. 2. nach Erlassung der Einantwortung: (Legitimationswirkung der Einantwortung) Der (auch zu Unrecht) eingeantwortete Erbe (Scheinerbe) hat die Vermutung für sich, der wahre Erbe zu sein. Der eingeantwortete Erbe tritt als Gesamt-rechtsnachfolger in die Rechtsposition des Erblassers ein und ist damit auch berechtigt, den Nachlass oder Teile hievon zu ver-äußern. 3. Schutz des (gutgläubigen) Dritten beim Erwerb von Erbvermögen: Ein dritter redlicher Besitzer ist für die in der Zwischenzeit erworbenen Erbstücke niemandem verantwortlich (§ 824 letzter Satz ABGB) und damit auch gegen einen erst später auftretenden, rechtmäßigen Erben geschützt. Der Erwerber, der entweder entgeltlich oder unentgeltlich ein Gut aus dem Nachlass übernommen hat, ist durch das Gesetz dann geschützt, wenn er gutgläubig ist, das heißt im vorliegenden Zusammenhang, wenn er nicht weiß, dass sein Erwerb dem wahren Erben zum Schaden gereicht. Dabei wird auf positives Wissen abgestellt, bloße Fahrlässigkeit schadet nicht. Durch den Gerichtsbeschluß (Einant-wortung) wird ein qualifizierter Rechtsschein geschaffen, der für jene Erbstücke gilt, die dem Erblasser rechtmäßig gehört haben. Der redliche Dritte kann daher grundsätzlich vom Scheinerben nicht Rechte erwerben, die dem Erblasser selbst nicht zugestanden sind (zB Sachen, die der Erblasser selbst gestohlen hat). Andererseits kann ein redlicher Dritter beim Erwerb vom Scheinerben aufgrund der allgemei-nen Regelung des § 367 ABGB über den �Eigen-tumserwerb kraft guten Glaubens vom Vertrau-ensmann“ trotzdem rechtmäßiger Eigentümer werden, wenn Entgeltlichkeit vorliegt und die nicht dem Erblasser gehörende Sache diesem vom wahren Eigentümer zumindest anvertraut war. 3.1. Exkurs: Erbschaftsklage: Die Erbschaftsklage ist eine Leistungsklage, mit der der Kläger unter Behauptung eines besseren Rechts vom eingewiesenen Erben die Abtretung der Erbschaft verlangt (§ 823 ABGB). Mit der Erbschaftsklage setzt der Kläger sein Erbrecht gegen den bereits eingeantworteten Erben durch. Das stattgebende Urteil vernichtet die durch die Einantwortung geschaffene vorläufige Vermutung der Berechtigung des Scheinerben. Die Erbschaftsklage ist eine Universalklage, dh sie bezieht sich auf alle Rechte des Nachlasses und ist erst nach Rechtskraft der Einantwortung durchsetzbar. (vergleiche: während des Verlassenschaftsver-fahrens ist mit der sogenannten Erbrechtsklage vorzugehen, die dem Erben mit dem stärkeren Erbrechtstitel die Einantwortung sichert). Die Erbschaftsklage verjährt in dreißig oder vierzig Jahren (§§ 1478, 1485 ABGB). Die Frist beginnt idR mit dem Tod des Erblassers. (Nach neuerer Auffassung verjährt das Erbrecht und damit auch die Erbschaftsklage nicht.) Wer die Gültigkeit eines Testamentes bestreiten will, muss dies innerhalb von drei Jahren tun (§ 1487 ABGB).
VI. Eigentumserwerb an Nachlassliegenschaft 1. Grundbuch (im Überblick): Das österreichische Grundbuch ist ein von den Gerichten geführtes öffentliches Register, in dem von Amts wegen alle Liegenschaften aufzunehmen sind, die im privatrechtlichen Verkehr stehen. Es besteht aus dem Hauptbuch mit Hilfsverzeichnissen, welches heute elektronisch (�automationsunterstützt“) geführt wird und in dem alle eintragungsfähigen Rechte (zB Eigentum, Dienstbarkeiten, Pfandrechte etc) und deren wesentliche Bestimmungen einzutra-gen sind; weiters aus der Urkundensammlung mit den für die Eintragung maßgeblichen Urkunden, welche bei den einzelnen Grundbuchsgerichten (in beglaubigter Ablichtung) verwahrt werden. Jeder Notar verfügt über die technischen Voraussetzungen zur Grundbuchsabfrage und hat jedermann Einsicht in die Eintragungen des Hauptbuches mit nahezu allen Hilfverzeichnissen (Grundstücksmappe, Grundstücksverzeichnis, Verzeichnis der gelöschten Eintragungen etc.) zu gewähren; lediglich bei der Einsicht in das Personenverzeichnis ist eine besondere Vollmacht der jeweiligen Person erforderlich. 1.1. Grundbuchsprinzipien: 1.1.1 Eintragungsprinzip: Grundsätzlich bedarf jeder Rechtserwerb an einer Liegenschaft zu seiner Rechtsgültigkeit der Eintragung im Grundbuch. Ausgenommen hievon ist u.a. der Erwerb des Erben durch die Einantwortung. 1.1.2. Vertrauensgrundsatz: Jeder gutgläubige Dritte kann auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Eintragungen im Grundbuch vertrauen. 1.1.3. Prinzip des bücherlichen Vormannes: Eintragungen sind nur gegen den zulässig, der zur Zeit des Ansuchens als Berechtigter im Grundbuch aufscheint oder gleichzeitig als solcher eingetragen wird. 1.1.4. Publizitätsprinzip: Das gesamte Grundbuch (Hauptbuch mit Hilfsverzeichnissen und Urkundensammlung) steht jedermann zur Einsicht offen; lediglich beim Personenverzeichnis ist die Publizität eingeschränkt. 1.2. Zuständigkeit: Für die Grundbuchseintragungen ist grund-sätzlich das Bezirksgericht zuständig, in dessen Sprengel die Liegenschaft einliegt. 2. Verbücherung d.Abhandlungsergebnis: 2.1. Einantwortungsurkunde: Der Erbe erwirbt bereits durch die Einantwortung das Eigentum an den in den Nachlaß fallenden Liegenschaften und nicht erst durch die Grundbuchseintragung. In die Einantwortungurkunde wird in der Regel eine Verbücherungsanordnung mitaufgenommen, die die im Grundbuch einzutragenden Tat-sachen beinhaltet. Die Verbücherung der Einantwortungsurkunde erfolgt (bis zur ge-planten Änderung des Außerstreitgesetzes noch) durch das Verlassenschaftsgericht (§ 177 AußStrG), welches, wenn es nicht zu-gleich auch Grundbuchsgericht ist, das für die Liegenschaft zuständige Grundbuchsgericht um den Vollzug der Eintragungen zu ersuchen hat. 2.1.1. Erbteilungsübereinkommen: Das Verlassenschaftsgericht ist auch zur Beschlussfassung über die grundbücherlichen Eintragungen zuständig, die in Verbindung mit einem vor oder nach Einantwortung erfolgten Erbteilungsübereinkommen vorzunehmen sind. 2.2. Amtsbestätigungen: Legataren, welche Liegenschaften aus dem Nachlass erhalten, wird vom Verlassen-schaftsgericht über Ansuchen eine Amts-bestätigung ausgestellt, dass sie im Grundbuch als Eigentümer eingetragen werden können. Dies gilt auch im Falle des gesetzlichen Zuwachses des Anteiles eines verstorbenen Partners zweier Wohnungseigentümer am Mindestanteil einer Wohnungseigentums-einheit (§ 14 Wohnungseigentumsgesetz 2002). Die Verbücherung dieser Amtsbestätigungen erfolgt nicht amtswegig durch das Verlassenscha-ftsgericht, sondern aufgrund eines Antrages des Legatars (Berechtigten) – meist vertreten durch Notar – beim zuständigen Grundbuchsgericht. 2.3. Schenkung auf den Todesfall: Die Schenkung auf den Todesfall ist ein Vertrag, mit dem der Erblasser zu Lebzeiten eine Sache für den Zeitpunkt seines Todes verschenkt. Sie ist nur gültig, wenn der Vertrag in Form eines Notariatsaktes abgeschlossen wird, der Schenker auf sein Widerrufsrecht ausdrücklich verzichtet und der Beschenkte das Schenkungsversprechen annimmt (§ 956 ABGB). Nach der Rechtsprechung wird die Schenkung auf den Todesfall zu Lebzeiten des Erblassers wie ein Vertrag, nach seinem Tode aber als Legat behandelt. Die Verbücherung erfolgt über Antrag des Beschenkten unter Vorlage des notariellen Schenkungsvertrages samt Sterbeurkunde und etwaiger behördlicher Genehmigungen sowie der steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung beim zuständigen Grundbuchsgericht. 2.4. steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung: Die Verbücherung des Abhandlungsergebnisses kann erst nach Abschluss des Steuerverfahrens und Bezahlung der Steuern (Erbschaftssteuer) erfolgen und setzt daher die Vorlage der vom Gebührenfinanzamt ausgestellten steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung voraus (§ 160 Bundesabgabenordnung). 2.5. behördliche Genehmigungen: Zur Verbücherung des Abhandlungsergebnisses kann im Einzelfall – wie bei Liegenschaftsverträgen – auch die Einholung behördlicher Genehmigungen nach verschie-denen Bundes- oder Landesgesetzen, etwa nach den Landesgrundverkehrsgesetzen, erforderlich sein. 2.6. Antragstellung durch die Erben bei Verzicht auf amtswegige Verbücherung: Grundbücherliche Eintragungen aufgrund der Einantwortungsurkunde werden von Amts wegen durch das Verlassenschaftsgericht durchgeführt. Die amtswegige Verbücherung der Einantwortungsurkunde kann über Antrag unterbleiben. Wird die ererbte Liegenschaft beispielsweise weiterveräußert und damit die Einantwortungsurkunde als sogenannte Zwi-schenurkunde verwendet, kann durch die Ver-hinderung der amtswegigen Verbücherung die gerichtliche Eintragungsgebühr gespart werden. In der Praxis erfolgt die Antragstellung und Vorlage der erforderlichen Urkunden vielerorts auch durch den Notar über Bevollmächtigung durch die ausgewiesenen Erben; dies insbesondere dann, wenn die Einholung behördlicher Genehmigungen erforderlich ist.
VII. Rolle des Notars/Zusammenfassung Der österreichische Notar wird als vom Verlaß-enschaftsgericht beauftragter Gerichtskommssär mit der Durchführung der in der Verlassen-schaftsabhandlung erforderlichen Amtshand-lungen betraut, errichtet Todesfallsaufnahmen, Inventare und Abhandlungsprotokolle. Der Gerichtskommissär bereitet insbesondere auch die Gerichtsbeschlüsse einschließlich der Einantwortungsurkunde vor, welche dann vom Verlassenschaftsgericht ausgefertigt und den Parteien zugestellt werden. Darüber hinaus ist der Notar aber auch als Rechtsberater, Urkundenverfasser sowie Parteienvertreter in nahezu allen Erbschafts-fragen (mit Ausnahme der Vertretung im Zivilprozess) tätig. Der Notar errichtet im Auftrag der Parteien neben öffentlichen oder privaten letztwilligen Anordnungen auch die vom Gesetz geforderten öffentlichen Urkunden. Das sind vor allem Notariatsakte über Erb- oder Pflichtteilverzichtsverträge, Erbschaftskauf oder -schenkung und Schenkungen auf den Todesfall. Die Tätigkeit des Notars beruht dabei auf seinen Berufspflichten und umfasst insbesondere die unparteiische Rechtsberatung und Rechtsbelehrung. Gerade in Erbrechtsfragen kommen die drei Wirkungsbereiche der notariellen Tätigkeit: • der Notar als Beauftragter des Gerichtes zur Durchführung von Amtshandlungen, • der Notar als öffentliche Urkundsperson sowie • der Notar als Rechtsberater und -vertreter sowie Verfasser von Privaturkunden besonders zu tragen. Der Notar hat in allen diesen seinen Tätigkeiten die überkommenen, ungeschriebenen oder in Richtlinien fest-gehaltenen Standesregeln zu beachten und leistet durch seine Fachkompetenz, seine langjährige Berufserfahrung und Unparteilichkeit seinen Beitrag zur Streitvermeidung und Sicherung maßgerechter Lösungen und Vereinbarungen in allen Erbrechtsfragen. Die zentrale Rolle des Notars bei allen Erbrechtsregelungen bildet daher eine fundamentale Stütze der Rechtsvorsorge.