Österreichisch – Italienisches Komitee des Notariats / Comitato Italo – Austriaco del Notariato

(Schwarzenberg 2012/3) Dr. Michael Gächter

GEWÄHRLEISTUNG BEI LIEGENSCHAFTSTRANSAKTIONEN IM ÖSTERREICHISCHEN RECHT

Referent: Dr. Michael Gächter, Notarsubstitut,
Notariat Dr. Ivo Fussenegger, Bregenz

1. Einleitung

Der Kauf einer Liegenschaft ist in der Regel ein bedeutender Augenblick im Leben eines Menschen, der – wenn überhaupt – meistens nur einmal im Leben vorkommt. Ein Liegenschaftskauf stellt Verkäufer und Käufer meist vor große – insbesondere auch rechtliche – Herausforderungen. Deshalb verteilt die Österreichische Rechtsordnung bedeutende Rechte und Pflichten auf den Verkäufer und den Käufer einer Liegenschaft.

Dieses Referat befaßt sich mit den gesetzlichen Pflichten des Verkäufers und den damit verbundenen Rechten des Käufers und somit vor allem mit der Gewährleistungsbestimmungen der §§ 922 ff ABGB.

2. Gesetzliche Pflichten des Verkäufers:

Die wohl primäre Verpflichtung des Verkäufers einer Liegenschaft ist die Verschaffung des Eigentumsrechtes am Kaufobjekt, wobei das Eigentumsrecht erst mit der Eintragung des Käufers im Grundbuch übergeht.

Darüber hinaus sollte die Liegenschaft natürlich auch frei von Mängeln sein. Hier unterscheidet die Österreichische Rechtsordnung zwischen Rechts- und Sachmängeln. Je nach dem, welcher Mangel vorliegt, sind damit unterschied¬liche Konsequenzen und Rechtsfolgen verbunden.

Ein Rechtsmangel liegt nach Österreichischem Recht dann vor, wenn der Veräußerer dem Erwerber nicht die rechtliche Position verschafft, die er ihm nach dem Vertrag verschaffen müsste. Ein Rechtsmangel ist daher zum Bei spiel dann gegeben, wenn auf der Liegenschaft eine vom Verkäufer verschwiegene Dienstbarkeit lastet, die den Käufer beeinträchtigt, das verkaufte Haus über keine rechtskräftige Baubewilligung verfügt oder aufgrund eines Mietrechtes Dritter, obwohl als bestandfrei verkauft, für den Käufer nicht bewohnbar ist. Der Rechtsmangel kann schon geltend gemacht werden, wenn dieser unzweifelhaft ist und nicht erst, wenn Dritte Rechte an der verkauften Sache beanspruchen. Zu beachten ist, dass bei einem Rechtsmangel dem Verkäufer gemäß § 931 ABGB der Streit zu verkünden ist, da ansonsten der Verkäufer dem Käufer nicht erhobene Einwendungen entgegenhalten kann, die der Verkäufer gegen den Dritten hätte geltend machen können.

Ein Sachmangel liegt vor, wenn ein Mangel einer Sache körperlich anhaftet. Gemäß § 922 Abs. 1 ABGB hat der Verkäufer dafür Gewähr zu leisten, dass die Liegenschaft dem Vertrag entspricht; also lastenfrei oder nur mit Belastungen gemäß getroffener Vereinbarung (z.B. der übernommenen Pfandverbindlichkeit) belastet ist. Dies gehört zu den wohl grundlegendsten Pflichten des Verkäufers. Der Verkäufer haftet in erster Linie für die bedungenen und für die im Verkehr gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften. Als bedungene Eigenschaft gelten beim Verkauf einer Liegenschaft im Zweifel auch die Angaben des Verkäufers zum Beispiel über die Anzahl der Räume oder den Zinsertrag der Liegenschaft. Insbesondere die in einem Zeitungsinserat ge¬machten Angaben des Verkäufers über die Beschaffenheit eines Grundstücks, die dem Käufer zur Kenntnis gelangten, sind bei Beurteilung eines Mangels in die Vertragsauslegung einzubeziehen. Auch öffentliche Äußerungen des Verkäufers können diesen daher in gewährleistungsrechtlicher Sicht binden. Gewöhnlich vorausgesetzt meint, dass der Erwerber vom Vorhandensein nach der Verkehrsauffassung ausgehen darf. Nach Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist die Freiheit von gesundheitsschädlichen Substanzen, wie zum Beispiel Asbest, grundsätzlich auch als gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaft anzusehen. Der Käufer muss allerdings den Sachmangel und auch den Vertragsinhalt beweisen. Ob ein Gewährleistungsmangel vorliegt oder nicht, kommt letztlich immer auf den konkreten Vertragsinhalt an.

Der Verkäufer hat für vorhandene Mängel zum Zeitpunkt der Übergabe (Ausnahme: Annahmeverzug des Käufers) Gewähr zu leisten. Es wird vermutet, dass ein Mangel schon bei der Übergabe vorhanden war, wenn er innerhalb von sechs Monaten nach der Übergabe hervorkommt (§ 924 ABGB). Danach ist dies vom Käufer zu beweisen.

Auf mögliche Liegenschaftskontaminierungen sollte besonderes Augenmerk gelegt werden, da öffentlich-rechtliche Vorschriften neben dem eigentlichen Verursacher subsidiär auch den Eigentümer und Erwerber einer Liegenschaft zur Sanierung von Altlasten verpflichten, was in der Regel mit sehr hohen Kosten verbunden ist. Gleiches gilt auch für bestimmte öffentliche Abgaben, wie Grundsteuer, Kanalgebühr etc., für welche der jeweilige Liegenschaftseigentümer haftet.

Zu den gesetzlichen Pflichten des Verkäufers ist auch die Pflicht zur Übergabe eines Energieausweises gemäß Energieausweis-Vorlage-Gesetz zu zählen. § 4 des Energieausweis-Vorlage-Gesetzes 2012 normiert, dass beim Verkauf eines Gebäudes der Verkäufer dem Käufer rechtzeitig vor Abgabe der Vertragserklärung des Käufers einen zu diesem Zeitpunkt höchstens zehn Jahre alten Energieausweis vorzulegen und ihm diesen oder eine vollständige Kopie desselben binnen 14 Tagen nach Vertragsabschluss auszuhändigen hat. Die darin enthaltenen Energiekennzahlen gelten gemäß § 6 dieses Gesetzes als bedungene Eigenschaften im Sinne des § 922 Abs. 1 ABGB. Unbeschadet gewährleistungsrechtlicher Ansprüche aus dem Kaufvertrag haftet der Verkäufer unmittelbar für die Richtigkeit des Energieausweises. Wird kein Energieausweis vorgelegt, so gilt zumindest eine dem Alter und der Art des Gebäudes entsprechende Gesamtenergieeffizienz als vereinbart. Abweichende Vereinbarungen zur Vorlage- und Aushändigungspflicht und zu den Rechtsfolgen sind unwirksam. Darüber hinaus stellt die Nichtvorlage eines Energieausweises eine Verwaltungsübertretung dar und ist mit einer Geldstrafe bis zu € 1.450,–zu bestrafen.

3. Rechte des Käufers bei nicht vertragsgemäßer Erfüllung der Pflichten des Verkäufers:

§ 932 ABGB nennt als Gewährleistungsbehelfe die Verbesserung (Nachbesserung), den Austausch, die Preisminderung und die Vertragsaufhebung (Wandlung). Es versteht sich von selbst, dass bei einem Liegenschaftskauf als Spe¬zieskauf die vorstehenden Rechtsbehelfe nicht alle zur Verfügung stehen.

Den Gewährleistungsbehelfen Verbesserung (Nachbesserung) und Austausch kommt der Vorrang zu, weshalb diese als die primären Rechtsbehelfe bezeichnet werden. Preisminderung und Vertragsaufhebung sind daher die sekundären Rechtsbehelfe, die nur dann gefordert werden können, wenn Verbesserung und Austausch nicht möglich sind, für den Verkäufer mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden wären oder wenn der Verkäufer dem Verlangen des Käufers nicht, oder nicht in angemessener Frist nachkommt (also bei Verweigerung oder Verzug) bzw. wenn eine Verbesserung oder ein Austausch für den Käufer mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden wäre oder dem Käufer die Verbesserung bzw. der Austausch aus triftigen, in der Person des Verkäufers liegenden Gründen nicht zumutbar ist. Jedenfalls keine Berechtigung zur Wandlung ist allerdings bei einem nur geringfügigen Mangel gegeben.

Bei einem behebbaren Mangel hat der Käufer grundsätzlich das Wahlrecht zwischen Verbesserung und Austausch (es sei denn, dass das eine für den Verkäufer unmöglich ist oder mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden wäre). Verbesserung und Austausch sind innerhalb angemessener Frist, welche nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen ist, und mit möglichst geringen Unannehmlichkeiten für den Käufer vorzunehmen. Es ist strittig, ob der Käufer die Verbesserung selbst vornehmen und vom Verkäufer dafür Geld verlangen kann. Die konkreten Kosten der Verbesserung können jedenfalls nicht als Preisminderung geltend gemacht werden.

Preisminderung und Wandlung sind – wie erwähnt – nur zulässig, wenn Verbesserung oder Austausch nicht in Frage kommen. Auch hier besteht ein Wahlrecht des Käufers. Ausgenommen von der Wandlung ist aber das Vorliegen eines nur geringfügigen Mangels, wobei die „Geringfügigkeit“ wiederum nach den Umständen des Einzelfalles zu prüfen ist. Eine Wandlung bewirkt die Aufhebung des Vertrages ex tunc. Aufgrund des Vertrages vollzogene Übereignungsakte sind zwar sachenrechtlich weiter wirksam, doch bestehen schuldrechtliche Ansprüche auf Rückübertragung. Der Gewährleistungsbehelf der Preisminderung besteht in der Herabsetzung des Entgeltes, und zwar nach der relativen Berechnungsmethode: Das Verhältnis des vereinbarten Preises zum geminderten Preis muss dem Verhältnis des objektiven Wertes der Sache ohne Mangel zum objektiven Wert der Sache mit Mangel entsprechen.

Statt der Gewährleistung kann der Käufer in jedem Fall auch die Herausgabe eines vom Verkäufer wegen des Mangels erlangten Vorteiles verlangen (z.B. die Herausgabe einer Versicherungssumme für einen Brandschaden am Haus).

Neben den verschuldensunabhängigen Gewährleistungsansprüchen bestehen bei positiven Vertragsverletzungen, also bei Verletzungen von Schutz- und Sorgfaltspflichten, darüber hinaus Schadenersatzansprüche des Käufers (Stichwort Mängelfolgeschaden bzw. Begleitschaden). Der Schadenersatz setzt, im Gegensatz zur Gewährleistung, das Verschulden des Verkäufers voraus. Bei Vorliegen der Voraussetzungen kann der Käufer statt Gewährleistung auch Schadenersatz verlangen (§ 933a Abs. 1 ABGB). Die Reihenfolge der Gewährleistungsbehelfe – zunächst Verbesserung bzw. Austausch und dann erst Wandlung und Preisminderung – gilt auch beim Schadenersatz, damit diese Vorschriften nicht umgangen werden können. Nur wenn die Voraussetzungen für Preisminderung und Wandlung bestehen, kann als Schadenersatz Geld (hier dann auch Mängelbehebungskosten bzw. die Wertdifferenz der Liegenschaft mit und ohne Mangel bzw. auch Rückerstattung des Kaufpreises) verlangt werden. Über allem steht aber, dass die Konkurrenz von Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen zu keiner Bereicherung des Käufers führen darf.

4. Verjährung der Ansprüche des Käufers:

Der Käufer muss die Rechtsfolgen der Gewährleistung, mangels einvernehmlicher Einigung, durch Klage oder Einrede geltend machen. Bei unbeweglichen Sachen, die Gegenstand dieses Referates sind, beträgt die Gewährleistungsfrist drei Jahre. Dies gilt auch bei Arbeiten an unbeweglichen Sachen.

Bezüglich des Fristenlaufes wird zwischen Sachmängeln und Rechtsmängeln unterschieden. Bei Sachmängeln beginnt der Fristenlauf mit dem Zeitpunkt, in dem der Erwerber die Sache tatsächlich erhält, das Gesetz spricht von Ablieferung. Auf den Zeitpunkt der Erkennbarkeit des Sachmangels kommt es nicht an. Ausnahmen sind das Vorhandensein zugesicherter Eigenschaften. Hier wird meist angenommen, dass die Parteien den Beginn des Fristenlaufes stillschweigend auf den Zeitpunkt der Erkennbarkeit des Mangels verlegt haben.

Bei Rechtsmängeln beginnt der Fristenlauf hingegen erst mit dem Tag, an dem der Mangel dem Übernehmer bekannt wird, d.h. die Ansprüche Dritter unzweifelhaft sind.

Generell gilt, dass für Verbesserungen der Veräußerer innerhalb einer neuen Frist Gewähr zu leisten hat. Bei Verbrauchergeschäften, also bei einem Geschäft zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher im Sinne des § 1 Konsumentenschutzgesetz, sind die Gewährleistungsfristen zwingend. Im Übrigen kann eine Verkürzung oder Verlängerung dieser Fristen aber vereinbart werden.

Im Gegensatz zu den Gewährleistungsansprüchen muss der Schadenersatzanspruch innerhalb der allgemeinen Verjährungsfrist erhoben werden. Der Schadenersatzanspruch verjährt daher in drei Jahren ab Kenntnis des Schadens und des Schädigers, spätestens jedoch nach 30 Jahren (§ 1489 ABGB). Die Verjährungsfrist beginnt mit der Übergabe der Liegenschaft.

5. Möglichkeit der Beschränkung, des Ausschlusses oder der Erweiterung der Gewährleistung:

Nach § 1502 ABGB ist im voraus weder ein Verzicht auf die Verjährung noch eine Verlängerung der Verjährungsfrist zulässig. Als lex specialis bestimmt aber § 933 Abs. 1 letzter Satz ABGB, dass die Gewährleistungsfrist durch Parteienvereinbarung auch verkürzt oder verlängert werden kann. Die Grenzen der §§ 864 und 879 ABGB sind jedoch dabei zu beachten.

Keine Gewährleistung besteht bei Mängeln, die in die Augen fallen (§ 928 ABGB) oder bei Vertragsabschluss bekannt sind. Für die Offenkundigkeit ist der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses maßgeblich. Hievon ausgenommen sind ausdrücklich zugesicherte oder arglistig verschwiegene Eigenschaften. Eine weitere Ausnahme stellen Schulden und Rückstände dar, da das ABGB vermutet, dass der Erwerber zwar mit Servituten und fortlaufenden Lasten einverstanden ist, mit Pfandrechten und rückständigen Leistungen aber selbst dann nicht, wenn er sie kennt, weil nach Verkehrsübung der Verkäufer im Zweifel die Sache lastenfrei zu machen hat.

Ebenso gibt es keine Gewährleistung, wenn darauf verzichtet wurde oder wissentlich eine fremde Sache gekauft wird. Nach gesicherter Rechtsprechung erstreckt sich ein umfassend abgegebener Gewährleistungsverzicht grundsätzlich auch auf geheime und solche Mängel, die normalerweise vorausgesetzte Eigenschaften betreffen. Gewährleistungsverzichte sind aber im Zweifel restriktiv auszulegen. Ein vertraglicher Gewährleistungsverzicht erstreckt sich daher nicht auf das Fehlen ausdrücklich oder schlüssig zugesicherter Eigenschaften oder auf arglistig verschwiegene Mängel. Zu den schlüssig zugesicherten Eigenschaften gehört nach Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes beim Erwerb eines Einfamilienhauses zum Beispiel auch die Erwartung, dass dieses auf gewachsenem Untergrund und nicht auf einer mit Bauschutt gefüllten ehemaligen Schottergrube steht. Ein Gewährleistungsverzicht um fasst im Zweifel auch nicht den Verzicht auf die Geltendmachung von Mängelfolgeschäden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der in vielen Kaufverträgen enthaltenen Klausel, wonach der Käufer erklärt, die Liegenschaft zu kennen und im besichtigten Zustand zu übernehmen, für namentlich aufgezählte Eigenschaften seitens des Verkäufers aber ausdrücklich Gewähr geleistet wird, um keinen umfassenden Gewährleistungsverzicht handelt. Ein solcher Gewährleistungsverzicht bezieht sich daher nur auf Mängel, die für den Käufer etwa durch Besichtigung sowie durch nach den Umständen nahe liegende Informationsaufnahme erkennbar gewesen wären, nicht aber auf geheime Mängel.

Für Verbrauchergeschäfte, d.h. also Geschäfte zwischen Unternehmer und Verbraucher, ist nach § 9 Abs. 1 Konsumentenschutzgesetz das Gewährleistungsrecht des ABGB zugunsten des Verbrauchers zwingend. Rechte des Verbrauchers können vor Kenntnis des Mangels nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt werden. Nach Kenntnis des Mangels sind aber grundsätzlich sowohl ein Ausschluss von Gewährleistung als auch eine Einschränkung der Gewährleistungsvorschriften zulässig.

6. Fragen des Erwerbs vom Nichtberechtigten bzw. Gutglaubensschutz:

Im Bezug auf den Erwerb von Liegenschaften ist an dieser Stelle vor allem auf den Vertrauensgrundsatz des Grundbuches hinzuweisen. Der Vertrauensgrundsatz kommt zum Tragen, wenn das Grundbuch von der wirklichen Rechtslage abweicht und der Erwerber eines bücherlichen Rechtes auf den Buchstand vertraut. Was eingetragen ist, gilt also. Das ist die „positive“ Seite dieses Vertrauensgrundsatzes. Nach Meinung des Obersten Gerichtshofes schützt dieser Vertrauensgrundsatz aber nur den entgeltlichen Erwerber. Die „negative“ Seite dieses Vertrauensgrundsatzes schützt das Vertrauen Gutgläubiger auf die Vollständigkeit des Buchstandes: Was nicht eingetragen ist, gilt nicht.

Von der Gutgläubigkeit des Erwerbers kann aber nur dann gesprochen werden, wenn er ohne jedes Verschulden, also auch nicht fahrlässig, handelt. Guter Glaube kann daher nur angenommen werden, wenn keine Umstände vorliegen, die bei gehöriger Aufmerksamkeit Zweifel an der Richtigkeit des Grundbuchstandes erwecken würden. Die Sorgfaltsanforderungen des Käufers dürfen aber nicht überspannt werden. Nur wenn sich besondere Beden¬ken ergeben, muss der Erwerber die Richtigkeit der Eintragung überprüfen. Der gute Glaube muss noch im Zeitpunkt des Ansuchens um die Einverleibung im Grundbuch vorhanden sein. Guter Glaube nur im Zeitpunkt des dem Rechtserwerb zugrunde liegenden Geschäftes reicht daher nicht aus. Besonders hinzuweisen ist, dass hier grundsätzlich das Vertrauen auf die Eintragung im Grundbuch geschützt wird. Der Dritte kann auf dieses vertrauen, ohne in die Urkundensammlung Einsicht nehmen zu müssen. Eine Verpflichtung zur Einsichtnahme besteht jedoch dann, wenn das Hauptbuch auf die Urkundensammlung Bezug nimmt. Der Käufer darf sich aber eigentlich nicht mit der Einsichtnahme in das Hauptbuch begnügen. Er muss vielmehr auch das Verzeichnis der gelöschten Eintragungen, das dem Hauptbuch rechtlich gleichsteht, einsehen, um beurteilen zu können, ob das Hauptbuch stimmt.

Durch die Umstellung der Grundbuchdatenbank im Mai dieses Jahres ist dieser Gutglaubens-bzw. Vertrauensschutz des Grundbuches bis einschließlich 6.11.2012 eingeschränkt. Bis dahin können nämlich aus der Grundbuchumstellung resultierende unrichtige Eintragungen im Grundbuch von Amtswegen auch zu Lasten Dritter berichtigt werden. Es empfiehlt sich daher dringend, zumindest bis zu diesem Zeitpunkt den aktuellen Grundbuchsauszug mit dem Grundbuchsauszug vor der Datenbankumstellung zu vergleichen. Auf den neuen Grundbuchstand allein darf daher nicht vertraut werden.

Eine besondere Bestimmung ist schließlich der Schutz des Dritten beim Erwerb vom Scheinerben. Der Scheinerbe ist der zu unrecht eingeantwortete Erbe. Der Einantwortungsbeschluss entfaltet eine Legitimationswirkung, die dem Erwerber, sofern er redlich ist, den Gutglaubensschutz gewährt. Die Redlichkeit des Erwerbers muss hier aber nicht nur bei Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes, sondern auch bei Abschluss des Verfügungsgeschäftes gegeben sein.

7. Schutzmechanismen für den Käufer:

Besonderen Schutz bietet die Treuhandabwicklung eines Liegenschaftskaufgeschäftes durch einen Notar. Diese Treuhandabwicklung, im Zuge welcher der Kaufpreis beim Notar als Treuhänder hinterlegt wird, schützt sowohl den Verkäufer als auch den Käufer. Der Verkäufer kann darauf vertrauen, dass die Grundbucheintragung erst erfolgt, wenn der Kaufpreis vollständig beim Treuhänder eingelangt ist und dieser hierüber frei verfügen kann. Im Gegensatz dazu schützt die Treuhandschaft den Käufer davor, dass der Verkäufer den Kaufpreis erhält, obwohl der Käufer das Eigentumsrecht durch Grundbucheintragung noch nicht erworben hat. Natürlich können für die Auszahlung des Treuhanderlages an den Verkäufer auch andere Vereinbarungen getroffen werden, z.B. die Auszahlung bei Vorliegen eines Rangordnungsbeschlusses bei im Übrigen unverändertem Grundbuchsstand und Vorliegen aller sonstigen für die Einverleibung des Eigentumsrechtes im Grundbuch erforderlicher Urkunden, wobei davon aber abzuraten ist. Die Auszahlung des Treuhanderlages kann auch von weiteren Bedingungen, wie z.B. der Behebung von bereits bekannten Mängeln, abhängig gemacht werden.

Besondere Bedeutung, insbesondere im Zusammenhang mit der Treuhandschaft, kommt der Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung im Grundbuch zu. Diese sichert nach dem Rangprinzip des Grundbuches, dass nach der Anmerkung der Rangordnung im Grundbuch eingetragene Veränderungen (z.B. ein anderer Eigentümer oder Pfandrechte und Dienstbarkeiten) gegen Vorlage des Rangordnungsbeschlusses, der nur in einer Ausfertigung ausgestellt wird, bei Einverleibung des Eigentumsrechtes des Käufers gelöscht werden können. Hier hat die Grundbuchs-Novelle 2012 eine Erweiterung dahingehend gebracht, dass nun insbesondere auch Rangordnungen zugunsten bestimmter Personen oder auch für einen Notar oder Rechtsanwalt als Treuhänder ausgestellt werden können. Zu beachten ist aber, dass die Anmerkung der Rangordnung ihre Wirksamkeit mit Ablauf eines Jahres nach ihrer Bewilligung verliert.

Weiters kann bei der Vertragsgestaltung die Fälligkeit des vereinbarten Kaufpreises von der Erfüllung bestimmter Bedingungen und Eigenschaften des Kaufobjektes abhängig gemacht werden. In diesem Zusammenhang sind nur beispielhaft die Bestimmungen des Bauträgervertragsgesetzes zu erwähnen, die für jene Verträge zur Anwendung gelangen, bei denen der Käufer vor der Fertigstellung des Objektes vereinbarungsgemäß Zahlungen von mehr als € 150,00 pro Quadratmeter Nutzfläche an den Bauträger oder an Dritte entrichten muss. Nach diesen Bestimmungen ist bei Zahlung des Kaufpreises nach einem gesetzlich vorgeschriebenen Ratenplan die Vorlage entsprechender Sachverständigengutachten über den Baufortschritt erforderlich.

Schließlich ist noch die Möglichkeit zu erwähnen, einen Kaufvertrag über eine Liegenschaft in Form eines vollstreckbaren Notariatsaktes zu errichten. In einem solchen vollstreckbaren Notariatsakt kann der Verkäufer verpflichtet werden, bis zu einem bestimmten Termin das Kaufobjekt zu räumen. Ein solcher vollstreckbarer Notariatsakt ist ohne Räumungsklage exekutierbar. Für den Käufer bietet eine solche Regelung insbesondere bei länger hinausge¬schobenem Auszugstermin des Verkäufers Sicherheit.

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