Österreichisch – Italienisches Komitee des Notariats / Comitato Italo – Austriaco del Notariato

(Kitzbühel 2004/2) Gea Arcella

TELEMATISCH UNTERSTÜTZTE PROZEDUREN IN ITALIEN

Zur Einführung in das Thema, nur einige Kurzinformationen über das telematische System für die italienischen Notare. Zur Zeit werden ca. 3 Millionen Dateien pro Jahr an die öffentlichen Register gesendet:

a) fast die gesamten Dokumente bezüglich Liegenschafts- und Immobilienverkehr
b) alle Dokumente bezüglich wirtschaftlicher Offenlegung

Gerade für das letztere Gebiet hat die italienische Verwaltung so gut wie vollkommen das Papier “in den Korb” geworfen. Das telematische Offenlegungssystem ist die erste, voll funktionsfähige und rechtsgültige Anwendung von E-Government. Das gesamte Signatursystem wird durch eine Kapitalgesellschaft, die zu 100% in der Hand der italienischen Notariatskammer ist, verwaltet: Notartel spa. Das ausschließlich der Notariatstätigkeit gewidmete Intranet RUN (Rete Unitaria del Notariato) ermöglicht es allen Notaren, sich in Echtzeit mit allen für ihre Tätigkeit wesentlichen öffentlichen Archiven zu verbinden: Immobilien- und Hypothekarregister, Kataster, KFZ- oder wirtschaftliches Register, sogar manche Gemeinderegister.

Die Signaturen der italienischen Notare können über jeglichen Standardbrowser auf http://ca.notariato.it überprüft werden. Das Notariat stellt Zertifikate ausschließlich für vollberufstätige Notare aus. Die positiven Ergebnisse einer Signaturüberprüfung bestätigen: 1) daß die Urkunde einwandfrei ist, d.h. keine Manipulation nach der Unterfertigung stattgefunden hat; 2) die Identität des Unterzeichners; 3) die tatsächliche Ausübung des Notariatsberufes des Unterzeichners Mit anderen Worten: die Signatur des italienischen Notariats ist eine “Funktions-Unterzeichnung”. Kommen wir nun zu den zwei wichtigsten Anwendungsgebieten der Notariatssignatur: wirtschaftliche und immobiliare Offenlegungsprozeduren. Wirtschaftliche Offenlegungsprozeduren Alle Einzelunternehmer, Gesellschafts- bzw. Führungsorgane von Strukturen mit wirtschaftlichem Zweck sind mittels Firmenregister erfaßt (Prozeduren durch Codice Civile, Gesetz 580/93 Art.8 und dazugehörige Durchführungsverordnung vom D.P.R. 581/95 geregelt) Mit außergewöhnlichem Weitblick hat die Gesetzgebung (vor allem durch die oben angeführten Normen 580/93 Art. 8 und als auch D.P.R. 581/95 Art. 2, nachfolgend einfach als “FirmenregisterVerordnung“ bezeichnet) rechtzeitig verfügt, daß die Einrichtung, die Aufbewahrung und Verwaltung des Registers mittels “EDV und IT-Technologien” erreicht werden müssen, damit “die Vollständigkeit und ein strukturierter Aufbau der Offenlegungsprozeduren wie auch ein schneller, landesweiter Informationsfluß für alle Registrierungspflichtigen ermöglicht und gewährleistet wird“.

Erstmalig besagt die italienische Gesetzgebung, daß ein öffentliches Register nicht mehr auf Papier – wie es heute noch der Fall ist sowohl beim Liegenschaftsregister als auch beim Kataster, um nur die bekanntesten zu nennen – sondern ausschließlich auf Datenträger geführt werden soll . Gemäß Art. 8 Ges. 580/93, Art.9 u.10 D.P.R. 581 speichert das “ufficio provinciale” (der Lokalschalter) auch alle wirtschaftlich und verwaltungsmäßig relevanten Informationen (REA – Repertorio Economico Amministrativo), obwohl diese Informationen vielmehr gegebene Tatsachen als Rechtshandlungen i.e.S. darstellen. Gemäß Art. 20 D.P.R. 581 sind die Eintragung in das Firmenregister wie auch die REA-Erklärung einheitlich, d.h. durch spezielles, durch das Wirtschaftsministerium genehmigtes, Ansuchensformular durchzuführen. Die tatsächliche Prozedur der wirtschaftlichen Publizität ist das Ergebnis einer Dokumentensammlung, durch die das Register in seiner telematischen Form (DataBase stets aktualisiert wird . Die Erklärungen waren ursprünglich nur auf Papier, da lediglich das Register“ informatisiert wurde. Wie liefen die Prozeduren vor der “informatischen Revolution”? Der erste Schritt war gemäß Art. 2189 Codice Civile, das Vorlegen eines – nach den Bestimmungen und der Vorlage der FirmenregisterVerordnung verfaßten – Ansuchens seitens eines “Betroffenen”. Das Gesetz unterscheidet weiters zwischen eintragungspflichtigen und vorlagepflichtigen Rechtshandlungen. Sowohl das Eintragungs- als auch das Vorlageansuchen müssen durch die Beilage der vom Codice Civile und einschlägigen Normen bestimmten Anlagen und Dokumente vervollständigt werden. Anläßlich von Neugründungen oder Änderungen von Handelsgesellschaften bzw. Unternehmerbefugnissen muß auch die Notariatsurkunde vorgelegt werden, und zwar gemäß Art. 11, 4. Abs D.P.R. 581 “für Privaturkunden ohne Notariatsarchivierung als Original, mit beglaubigter Unterschrift, in allen anderen Fällen als Originalkopie oder Originalauszug i.S.d. Art. 2718 Codice Civile. Ursprünglich räumte die Verordnung ein, daß das Ansuchen mittels eingeschriebenen Briefs per Post übermittelt werden durfte (Legitimierung eines “Fernverhältnisses” zwischen Ansuchendem und Behörde). In allen Fällen allerdings ist die Empfangsbehörde verpflichtet, dem Ansuchenden die Protokollnummer (Eintragungsnummer) und sonstige vom Art.8 Gesetz 241/90 vorgesehene Daten bekanntzugeben (sogenannte Protokollbestätigung – ricevuta di protocollo) . Gemäß der FinanzregisterVerordnung ist das “Protocollo” eines der wesentlichen Instrumente der Behörde: es führt eine progressive, jahresgebundene Numerierung durch, die der Vorlagereihenfolge entspricht. Jedes Ansuchen muß umgehend, am selben Tag der Vorlage, mit Angabe von (Ansuchens)Datum, Unternehmername/Bezeichnung samt Steuernummer, und Ansuchensbetreff registriert werden; Folgezahl und Registrierungsdatum müssen dann auf die Protokollbestätigung“ übertragen werden.

Die Protokollverpflichtung am selben Tag galt auch für postzugestellte Ansuchen. Die Bedeutung des Protokolls liegt auf der Hand: dadurch wird die zeitliche Reihenfolge der Ansuchen definiert und die Einhaltung der gesetzlichen Fristen für Publizitätspflichten bestätigt. Obwohl die Rechtswirkung der Offenlegung erst mit der eigentlichen Registereintragung erfolgt, muß das Personal bei der Bearbeitung der Akten die Protokollreihenfolge beachten. Bereits vor der neuerlichen Reform der Kapitalgesellschaften spielte das Eintragungsdatum eine wesentliche Rolle bezüglich der Gewährung von Gründungsrechten oder im Fall von Streitigkeiten; weitere Bedeutung erlangt sie mit dem Inkrafttreten des neues Kapitalgesellschaftsrechts: Art. 2470 Codice Civile in der novellierten Version sieht nämlich vor, daß das Eintragungsdatum einer Abtretung von s.r.l.-Anteilen streitentscheidende Wirkung zwischen mehreren Erwerbern vom selben Abtreter entfaltet. Weil eben die eigentliche Eintragung meistens unbestimmt später als die Empfangseintragung bzw. Protokollierung (wenn auch diese am selben Tag der persönlichen Vorlage oder der Zustellung erfolgen), ist dann die genaue Achtung der Protokoll-Reihenfolge bei der Bearbeitung (Eintragung) von essentieller Bedeutung. Es steht uns heute nicht zu, eine Analyse durchzuführen, welche Voraussetzungen durch den Schalterbeamten gesetzmäßig überprüft werden sollen, bevor er eine Eintragung durchführt, d.h. welche sind in der Tat die Kontrollgrenzen der Registerführer über die Gesetzeskonformität einer Akte. Wichtig ist es nur zu vermerken, daß der Registerbeamte eine Ergänzung der Dokumentation beantragen darf, und wenn die Prozedur – aus welchem Grund auch immer – nicht genehmigt bzw. durchgeführt werden darf, müssen auch die damit verbundenen Mitteilungen mittels eingeschriebenem Brief an den Ansuchenden zugestellt werden .

Die oben erwähnte Dokumentation war bis heute immer auf Papier. Heute erleben die gleichen Prozeduren eine “Abspeckung” indem sie “entmaterialisiert” bzw. auf informatischen Träger übertragen wurde. Die Vorlage von Ansuchen, Erklärungen und Dokumentationen beim Firmenregister in telematischer Form oder auf Datenträger wurde verpflichtend erst ab 1. November 2003, außer für Einzelunternehmer und REA-pflichtigen, eingeführt. Allerdings waren hier die italienischen Notare zukunftsweisend und sie experimentierten mit dem neuen System bereits ab Dezember 2001. Sie waren also bestens vorbereitet, als aus der Möglichkeit eine Verpflichtung wurde. Das Gesetz Nr. 284/2002 gestattet außerdem dem ausfertigenden oder beglaubigenden Notar, Ansuchen beim Firmenregister auch für nicht-eintragungspflichtige Rechtshandlungen oder andere Rechtshandlungen einzubringen, die nicht unbedingt mit Notariatstätigkeit verbunden sind. Die gesamten, durch D.M. 31. Oktober 2003 genehmigten Formulare für die Mitteilungen und Prozeduren beim Firmenregister und REA können auf Datenträger mittels Software Fedra produziert werden, die kostenlos bei den Handelskammern oder auf der Seite http://web.telemaco.infocamere.it verfügbar ist.

Das System beinhaltet: 1) mehrere EDV-Formulare; 2) einen vom Antragsteller unterzeichneten Vorlagebeleg (distinta di presentazione); 3) eine Kopie der vorzulegenden bzw. einzutragenden Urkunde, welche gemäß Codice Civile (Artt. 2296, 2300, 2315, 2330, 2336, 2411, 2436 etc), die unerläßliche Voraussetzung für alle Eintragungen/Änderungen im Firmenregister darstellt. Alle diese Dateien sind im PDF-Format. EDV-unterstützte Formulare wurden bereits Ende der 90er-Jahre sehr oft von Notaren verwendet. Die Implementierung einer gesetzeskonformen digitalen Unterschrift (Signatur) ermöglicht nun endlich die rechtswirksame Unterfertigung sowohl des Vorlagebelegs (distinta di presentazione) als auch der Originalkopie der Urkunde. Damit wurde die vollständige elektronische Offenlegung und Publikation im wirtschaftsrechtlichen Bereich vollendet, abseits von Papierkram und doch ausdrücklich gesetzeskonform, gemäß den neuen Bestimmungen hinsichtlich der angestrebten schlanken“ öffentlichen Verwaltung. Außer der “Originalkopie” der Urkunde – wie ausdrücklich u.a. durch Codice Civile geregelt – verdient die sogenannte “distinta di presentazione” oder Vorlagebeleg unsere Aufmerksamkeit: diese entspricht zur Zeit einem Eintragungsansuchen i.S.d. Art. 2189 Codice Civile und muß daher vom durch Gesetz bestimmten Unterzeichner unterfertigt werden. Seit Dezember 2000 wurde die Gesetzmäßigkeitskontrolle über Gründungsakten und Beschlüsse von Kapitalgesellschaften abgeschafft; als Folge übernimmt die durch den Notar auf dem Vorlagebeleg bzw. Ansuchen angebrachte Unterschrift die Rolle einer Konformitätsbestätigung. Wenn der Offenlegungspflichtige (Durchführungspflichtige) der Notar war, mußte der Vorlagebeleg vom ihm eigenhändig und mit Angabe seiner Funktion unterschrieben werden und traditionell amtlich durch das Notariatssiegel vervollständigt werden. Die digitale Signatur übernimmt beide Funktionen: sie bestätigt einerseits die Identität des Unterzeichners, und andererseits seine öffentliche Funktion als eingetragene Amtsperson. Problematisch waren solche Situationen, bei denen die eintragungspflichtige Urkunde zwar eine Notariatsakte war (z.B. eine Privaturkunde mit beglaubigter Unterfertigung), jedoch der Eintragungspflichtige gemäß Codice Civile nicht der Notar, sondern ein Dritter war (in der Regel der bevollmächtigte Geschäftsführer ):

Hier muß der EDV-Vorlagebeleg durch den Unterzeichnungspflichtigen digital signiert und eventuell durch den Notar beglaubigt werden, welcher jedoch eine auf Datenträger erstellte Originalkopie der eintragungspflichtigen Urkunde (Rechtsakte) vorlegen hätte sollen. Ähnliche Probleme erwachsen bei der Eintragung der Einzelorgane einer Kapitalgesellschaft: Auch in diesem Fall bedarf der Vorlagebeleg lt. Gesetz sowohl die Unterfertigung des Geschäftsführers, des Eintragungspflichtigen, als auch jene des Notars, als Ausfertigungsperson der eintragungspflichtigen Urkunde. Die Schwierigkeit liegt vor allem darin, daß nicht alle Geschäftsführer, und vor allem nicht jener einer sich in Gründung befindliche Gesellschaft, über eine gesetzeskonforme digitale Signaturen verfügen. Zuerst wurde das Problem gelöst, indem die vom unterzeichnungspflichtigen Geschäftsführer angebrachte eigenhändige Unterschrift gescannt und durch Notarsignatur bestätigt wurde. Seit dem Inkrafttreten vom Gesetz 284/2002 gilt das allgemeine Prinzip, daß die ausfertigende bzw. beglaubigende Amtsperson alle mit der Rechtshandlung verbundenen und von ihr angefertigten Dokumente und Ansuchen vorlegen darf, auch wenn dies nicht ausdrücklich vom Gesetz als verpflichtend vorgesehen ist; das bedeutet, daß auch ein Ansuchen beim Firmenregister einfach durch die Notarssignatur unterfertigt werden kann . Nach der EDV-Anfertigung kann die telematische Akte auf Datenträger (floppy disc oder CD-Rom) beim zuständigen Schalter vorgelegt oder sogar telematisch (gem. Art 15 FirmenregisterVerordnung) mittels Telemaco übertragen werden, einem System, das die Zustellung der E-Dokumentation gemäß Art. 14, Abs. 3 D.P.R. 445/2000 bestätigen kann. Telemaco schafft eine Vernetzung zwischen: a) Hardware in der Notariatskanzlei oder am Behördenschalter, bei welchem die E-Dokumentation vorgelegt bzw. telematisch zugestellt wird. b) Zentralserver des Handelskammersystems, verwaltet durch Infocamere s.c.p.a. und zur Zeit physisch“ in Padua gelegen c) Rechner der einzelnen Handelskammern, wo die Eintragung erfolgen soll. Sobald die E-Dokumentation der Zentralserver gelangt, erhält sie einen “Time-Marker”, und das System – welches aber keine Gesetzmäßigkeitkontrolle führen kann – übermittelt über e-mail eine Empfangsbestätigung für die erhaltene Dokumentation, welche Tag und Zeit der “Vorlage” beinhaltet.

Über Telemaco kann man sich jederzeit über den Verlauf der Prozedur informieren. Das Zentralsystem führt bei Erhalt eine automatische Formkontrolle durch, im wesentlichen über Steuernummer und REA-nummer der Eintragungsbetroffenen. Verläuft die Kontrolle negativ, wird die Prozedur angehalten, noch bevor sie an das zuständige Register weitergeleitet wird. Das Register erfährt nichts davon, sondern das System versendet eine automatisch generierte und begründete E-Mail an den Absender und fordert ihn zu einer erneuten Vorlage auf. Diese Schritte entsprechen einer Ablehnung der Akte am Schalter, was immer bei offensichtlichen Fehlern in der Ausfertigung der Dokumentation der Fall war. Bei Empfangsablehnung gilt das Ansuchen als noch nicht vorgelegt, daher soll die erneute Vorlage so schnell wie möglich erfolgen, um die gesetzlichen Fristen nicht zu versäumen und eventuelle (Verwaltungs-)Strafverfahren zu vermeiden. Nach dieser ersten Phase der Formkontrolle wird die Akte an die zuständige Handelskammer weitergeleitet bzw. ihr zur Verfügung gestellt, welche die Verpflichtung einer sofortigen Protokollierung (am Empfangstag) erfüllen soll. Mittels E-Mail wird dem Antragsteller die Protokollbestätigung übermittelt, welche Laufzahl und Datum der Protokollierung beinhaltet. Die Wichtigkeit des Protokolldatums veranlaßte den Erlaß von zwei Rundschreiben des Ministeriums (Nr. 3563/C vom 1. August 2003 und Nr. 3572/C vom 24 Februar 2004), die die Bedeutung der Fristeinhaltung unterstreicht: “die Bedeutung der Übereinstimmung zwischen Reihenfolge der Protokollierung und der Eintragung, auch i.S. der Eintragungspriorität gem. Art. 2470 Codice Civile (novelliert und in Kraft seit 1. Jan 2004) liegt nicht nur in der Schlichtung von Streitigkeiten aus Erwerb vom gleichen Veräußerer, sondern auch in der Bestimmung von der damit verbundenen Haftpflicht.” Diesbezüglich wurde ein automatisches Protokollierungssystem für die telematisch zugestellten Akten erarbeitet (zur Zeit in Probebetrieb), welches sowohl die Einhaltung der gegebenen Fristen als auch die strikte Einhaltung der Reihenfolge gewährleisten soll. Nach erfolgter Protokollierung werden die Akten überprüft (Art 11 D.P.R. 581) und die durchführende Behörde kann/soll – innerhalb von fünf Tagen – zu einem von drei verschiedenen Ergebnissen kommen: Die Akte (Prozedur) wird erledigt, angehalten oder abgelehnt. Wird die Akte erfolgreich bearbeitet (Erledigung), wird sie dem Antragsteller über ein e-mail zurückgesendet, zusammen mit einem Firmenregisterauszug, welcher die erfolgte Eintragung bestätigt. Ist die Akte nicht vollständig, wird sie angehalten, und die Behörde fordert (gem. Art 11, Abs. 11. FirmenbuchVerordnung) den Antragsteller auf, innerhalb angemessener Frist die fehlenden Unterlagen vorzulegen bzw. die erforderlichen Korrekturen durchzuführen.

Verstreicht die Frist ohne Rückmeldung seitens des Antragstellers, wird das Ansuchen mit begründenden Begleitschreiben abgelehnt. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, ist das System nun in der Lage, Anträge zu erstellen, die mit direktem Bezug auf die Protokollnummer “alte” oder inkorrekte Anträge automatisch korrigieren. Das Ministero delle Attività Produttive (Wirtschaftsministerium) hat wiederholt die Verpflichtung der Behörde betont, den gesetzespflichtigen Antragstellern umgehend über eventuelle Anhaltung oder Ablehnung seines Antrages zu informieren , und auch in diesem Fall ist das Kommunikationsmittel ein telematisches (E-Mail). Das dritte mögliche Ergebnis der Prozedur ist die Ablehnung des Ansuchens; da es gesetzlich bestimmt ist (siehe oben), daß ein solches Ergebnis “per eingeschriebenen Brief” mitgeteilt wird, ist die Kommunikation mittels E-Mail nicht ausreichend: Es fehlt noch ein einschlägiges Gesetz für die Zertifizierung von E-Mails, darüber hinaus bedarf bei diesen Mitteilungen eine Empfangsbestätigung des rechtmäßigen Adressats. Neulich wurde ein Ministerialdekret erlassen, welches eine Übermittlung der Mitteilung auch über elektronisches Medium, allerdings auf freiwilliger Basis und bei Anwendung eines Systemprototyps von zertifizierten E-Mail; wichtige Voraussetzung dafür ist die digitale Signatur des Registerführers, d.h. eine elektronische Signatur, die nicht nur die Identität des Unterzeichners sondern auch seine Amtsfunktion bestätigt. (Art. 25 Einheitsgesetz über Verwaltungsdokumentation d.p.r. 445/2000) Telematische Übermittlung von Liegenschaftsurkunden Anders als für das Firmenregister, hat die Informatisierung des Systems für die Prozeduren beim Liegenschaftsregister mit der “nota di trascrizione” (d.h. das Ansuchen – bei der zuständigen Behörde – um Eintragung) begonnen. Bereits vor 20 Jahren wurde durch das Gesetz Nr. 52/1985 Art. 16 folgendes bestimmt: “Die Dienstleistungen der Immobilien- und Liegenschaftsregister werden durch elektronische Rechner automatisiert“. In einem Bereich, wo es keine verbindliche einheitliche Form für Schreiben und Ansuchen gab, bedarf es zur Automatisierung der Einführung von einheitlichen Formularen, weil eine strukturierte Datenspeicherung eine gleichbleibende Dateneingabe braucht. Es wurde daher ein Formular erarbeitet, das heute noch zum Teil in Anwendung ist, mit Rahmen und Sektoren. Wenn auch die Informationen über Internet abrufbar sind, ist das tatsächliche Register aber heute noch auf – vom Gericht genehmigten und gekennzeichneten – Papier geführt (das sogen. “Modello 60 giuridico”).

Die damaligen EDV-Standards führten zu einer scharfen “Schrumpfung” der Informationen, die zu akryptischen Abkürzungen, Zahlen und Kennzeichen werden mußten, weil sehr wenig Speicherkapazität vorhanden war, und ausführliche “Texte” keinen oder sehr begrenzten Platz (Vordefinierte Anschlägezahl, im sogenannten Bereich D des Formulars) hatten. Natürlich kann gerade das Hypothekarrecht eine leichtere Schematisierung erlauben: Die Rechtsubjekte können deutlich definiert werden; die begrenzte Anzahl der dinglichen Rechte – einer der Pfeiler des italienischen Rechtssystems – ermöglicht ihre überschaubare tabellarische Auflistung; die präzise Definition der eintragungspflichtigen Rechtstitel läßt sich in einfache Codes “übersetzen” (z.B. wurden mit 100“ alle allgemeinen, eintragungspflichtigen Rechtstitel bezeichnet). Neulich haben die Offenlegungsprozeduren im wirtschaftlichen Bereich eine Reform erlebt und das sogenannte mechanisierte Ansuchen“ wurde durch das MUI (Modello Unico Informatico – EDV-Einheitsformular) ersetzt. Wie der Name bereits sagt, ist das ein “uniformiertes” Instrument, mittels welchem sowohl eine steuerliche Erfassung, als auch eine hypothekarische Eintragung oder die katastrale Übertragung von Liegenschaftsrechten möglich sind. Eingeführt wurde es durch das D. Leg. 9/2000, die Durchführungsverordnung D.P.R. 308 vom 18.08.2000 und weitere ministeriale, interne Verordnungen auf verschiedenen Ebenen.

Alle diese Bestimmungen waren sehr innovativ: in erster Linie wurden dadurch die Formalitäten vereinheitlicht, die verschiedenen Behörden mit ähnlichen Kontrollkompetenzen zu erfüllen hatten (Uffici delle Entrate für die Eintragungsabgaben, Uffici del Territorio für Hypotheken und Liegenschaftsübertragungen, und auch für die Liegenschaftssteuer und Hypothekarabgaben); darüber hinaus führen sie eine Art Selbstbesteuerung“ für die einzelnen Prozeduren durch den Notar ein. Die an die Amtsperson erteilte Ermächtigung, die für die Prozedur fällige Abgabe selbst zu berechnen und zu entrichten (autoliquidazione), ist durchaus die größte Innovation. Der Notar allein besitzt die Macht, die anwendbaren steuerlichen Verpflichtungen zu definieren (durch Abschätzung der objektiven und subjektiven Kriterien, die unter Umständen z.B. günstigere Sätze gewähren) und die Pflicht, die entsprechenden Abgaben zu entrichten und die gesamte Dokumentation aufzubewahren, falls die Finanzbehörde diese nachträglich überprüfen möchte. Die wichtigsten mit der notariellen Beurkundung zusammenhängenden Formalitäten (Eintragung, Überschreibung, Übertragung, Änderungen) können gleichzeitig erledigt und perfektioniert werden; ebenfalls sollen alle Abgaben und Steuern – die früher in Abständen zu entrichten waren – gleichzeitig und bei Übermittlung der EDV-Datei abgegolten werden (gemäß Art 3bis, Abs. 3 D. Leg. 463 /1997, novelliert durch Art.1 D.Leg. 9/2000). Wegen dieser Ausweitung der Kompetenzen der Amtsperson, liegt es an der Behörde lediglich eine Überprüfung der Notarstätigkeit durchzuführen; Dabei kann nachträglich und innerhalb von 30 Tagen ab Datei-Übermittlung die Entrichtung von eventuellen Berichtigungsbeträgen verlangt werden .

Um eventuelle Fehler in der “Selbstbesteuerung” auszugleichen, wurde für den Notar die Möglichkeit einer Kompensation vorgesehen, unter bestimmten Voraussetzungen: – Kompensation kann nur hinsichtlich telematischer Transaktionen angewendet werden, d.h. man kann nicht “traditionell“ berechnete und entrichtete Abgaben mit telematischen abgelten / kompensieren; – Kompensation kann nur bei bereits tatsächlich entrichteten d.h. abgebuchten Summen angewendet werden; – Kompensation kann nur bei Erledigung von Einzelprozeduren erfolgen. Keine Voraussetzung (Limitation) gibt es hingegen in Bezug auf die Abgabentypologie: man darf sogar Abgaben des Ufficio delle Entrate mit Abgaben bei Ufficio del Territorio kompensieren und umgekehrt. Während die Informatisierung der Hypothekarregister in Italien früher erfolgte, wurden die Übertragungsprozeduren von Notariatsakten erst durch die sogenannte EDV-Transkription aktualisiert (gemäß Gesetz Nr. 75/1993 und folgende Durchführungsdekrete): Ziel war eine automatisierte Datenaktualisierung des Katasters und seine Anpassung an die Datenbank des (Register)Archivs, allerdings kam es dabei nie zu einer gesetzlichen Verpflichtung, und heute noch kann man die Übertragung direkt auf Papier“ durchführen, wenn z.B. die automatisierte Übertragung durch MUI nicht funktioniert hatte oder wenn Zwischenschritte“ beim Kataster nicht vermerkt wurden. Die steuerliche Erfassung war bis heute noch nicht informatisiert, besser gesagt man mußte noch eine Originalurkunde oder ihre Konformkopie vorlegen zusammen mit dem sogenannten Formular 69; letzteres beinhaltet allerdings über Titel und betroffenen Parteien einige kurze Informationen, welche in das EDV-System von Uffici delle Entrate zum Nutzen der Anagrafe Tributaria einzutragen sind (N.d.T.: Sammlung der steuerlich relevanten Informationen über alle steuerpflichtigen Rechtssubjekte).

Zur Zeit gilt also eine Art von “gemischtem” System mit folgenden Komponenten: a) telematische Übermittlung des EDV-Formulars (MUI – Modello Unico Informatico) welches in sich nicht nur alle Informationen vereint, die früher über verschiedene Formulare zu erfassen waren, sondern auch der Test der Urkunde und die Auflistung der angeschlossenen bzw. beim Notar aufbewahrten relevanten Dokumente; b) Steuerbehörde, welche über eine digital signierte Mitteilung die Informationen gemäß Art. 16, Abs 4 D.P.R. 131/1986 (Einheitsgesetz über Registerabgaben) bestätigt, d.h. Datum, Eintragungsnummer und fälliger bzw. entrichteter Betrag; später werden die erfolgten Prozedurschritte mit demselben System bestätigt; c) Für Hypothekarprozeduren hingegen muß man beim zuständigen Registerarchiv (Conservatoria dei Registri Immobiliari) die auf Papier ausgedruckte/ausgefertigte Originalurkunde oder ihre Originalkopie zusammen mit der Bestätigung der telematischen Übermittlung vorlegen. Die größte Hürde in der ersten Phase der Informatisierung der Verwaltungsprozeduren (Mitte der 80er-Jahre) stellten die vom Staat angewendeten EDV-Formate dar: nur jene, die das .dat-Format lesen konnten, konnten mit der Infrastruktur der öffentlichen Verwaltung “kommunizieren” (und Daten lesen, übermitteln oder speichern). Dies blockierte die Interaktivität nicht nur zwischen Privaten und Behörden, sondern sogar zwischen den lokalen und zentralen Behörden selbst und das Problem wurde markant, als Internet dem privaten und öffentlichen Benutzer neue, einfach zugängliche Kommunikationsmittel zur Verfügung stellte. Heute hingegen verwendet man das XML-Format, d.h. eXtensible Markup Language, ein weit verbreitetes und bekanntes Format , welches eine einfache Umkodierung von Textbearbeitungsdateien jeder Art ermöglicht. Dieses Format erlaubt – wie die meisten Markup Languages insbesondere im Bereich der Textbearbeitung oder z.B. HTML – nicht nur die Visualisierung des Inhaltes einer Datei, egal in welchem Format sie erstellt wurde , sondern ordnet auch die Informationen in einer Baustruktur. Dieses Format kennt vier grundlegende Syntaxregeln , sogenannte “Grammatik” , die durch die Anwendung von einem DTD (Document Type Definition) weiter definiert werden können, obwohl die Zusammenstellung von relativer Freiheit geprägt wird.

Es ist daher möglich eine autonome Struktur (bzw. einen Baum) zu definieren, die für alle Dokumente einer Gruppe gelten soll, und einen Schlüsselwörter-Index, um die Informationen gezielt zu markieren/ visualisieren . Der Gesetzgeber hat bei der Einführung des “MUI” auch ein für diese Anwendungen spezifisches DTD gesetzlich definiert, das alle (grundbücherliche oder steuerliche) Informationen hinsichtlich bestimmter Liegenschaften zusammenfassen läßt , was die Abschaffung bzw. Zusammenlegung von mehreren Formularen ermöglicht hat . Durch die “Einheitsprozedur“ verschwinden die zahlreichen Kopien des Rechtstitels, die bei den einzelnen Schritten vorgelegt werden mußten, denn der wesentliche Text befindet sich bereit im Datensatz als xml-Datei. Diese Entwicklung konnte auch dank zweier Gesetze (356/91 und D.P.R. 287/92) stattfinden, die im Rahmen der Reform des Finanzministeriums verschiedene Behörden (wie Uffici del Registro bzw. Entrate, Conservatoria, Catasto bzw. Territorio) in einer Einheit zusammengeführt hat, wenn auch in zwei Sektionen unterteilt hat . Wie für die Prozeduren im wirtschaftlichen Bereich, wurde auch ein System für sichere und rückverfolgbare telematische Sendung/Empfang der Dokumentation geschaffen, was vom Art. 1 Decreto Interdirettoriale (ministeriumsinterne Verordnung) von 13. Dezember 2000 einfach als Telematischer Dienst“ bezeichnet wird. Wie für die Prozeduren im wirtschaftlichen Bereich entsteht hier eine Vernetzung zwischen dem PC des Notars, dem Server der zentralen Finanzverwaltung in Rom, und dem einzelnen Lokalschalter der Behörde (Uffici Entrate für Eintragungen, Uffici Territorio für Hypotheken und Übertragungen)

Der telematische Dienst sendet unmittelbar – nicht länger als einer Stunde – nach dem Empfang der Dokumentation eine Empfangsbestätigung, nicht (wie im wirtschaftlichem Bereich) direkt an den Absender, sondern “postlagernd” beim Homepage des Ufficio del Territorio; es soll Sorge des Absenders sein, sie von dort zu downloaden und aufzubewahren. Auch in diesem Fall werden automatisierte Kontrollen durchgeführt, und Art. 3 Decreto 13 Dezember 2000 regelt, in welchen Fällen die Dokumentation als nicht zugestellt“ gilt. Wenn aber die Kontrolle positiv verlaufen ist, gilt die Eintragung als durchgeführt und die Eintragungsdaten werden sofort zusammen mit der Empfangsbestätigung rückgesendet. Ohne weitere technische Details über MUI, möchte ich aber erwähnen, daß zahlreiche Bestimmungen und Normen sich mehr und mehr mit den steuerlichen Folgen der neuen Prozedur befassen ; so wurde für Fehlfunktionen jeder Art bereits eine “Notprozedur” vorgesehen, die auch eine getrennte Durchführung der Prozedur ermöglicht (z.B. wenn die Verbindung fehlerhaft oder die Sendung nur Teilweise erfolgreich war). Wie bereits erwähnt, alle Dateien – sowohl die .xml vom Notar erfaßt, als auch die PDF der Empfangsbestätigung – sind digital gekennzeichnet . Obwohl das Gesetz bereits besagt, daß “Immobilienrechte betreffende, durch Amtspersonen ausgefertigte oder beglaubigte Urkunden, dessen Originalkopie mittels EDV und digitaler Signatur erstellt werden, für telematische Eintragung oder Übertragungszwecke akzeptiert werden können“, und trotz der fast standardisierten und gesetzeskonformen Anwendung der Digitalsignatur durch die italienischen Notare, wird heute noch keine EDV-Originalkopie für Prozeduren bei Immobilienregistern angenommen, wo das Papier noch unbesiegt herrscht . Die darausfolgenden Probleme sind zweierlei, das erste vielleicht offensichtlicher, das zweite aber von schwierigerer Lösung. Nicht alle ausfertigenden Amtspersonen, und insbesondere die Gerichte, sind in der Lage so wie die Notare, schnell und sicher eine EDV-Kopie der offenlegungspflichtigen Urkunden zu erfassen und sie mit Digitalsignatur zu versehen. Aus diesem Grund muß man die Koexistenz beider Formen (EDV und Papier) gesetzlich regeln können, insbesondere hinsichtlich der Einhaltung der Reihenfolge, um eine gleichberechtigte Abhandlung zu gewährleisten .

Das aber weit schwerwiegendere Problem ist die dauerhafte Aufbewahrung der Rechtstitel im EDV-Format. Sicher liegt hier die Schuld nicht nur bei der Verwaltung, denn Unsicherheit diesbezüglich herrscht auch unter den Fachleuten. Gewiß ist die sehr sehr lange Erhaltung einer Datei nicht unmöglich, aber die technischen, organisatorischen und logistischen Voraussetzungen sind nicht unerheblich, und die Autonomie der einzelnen Registerarchive erleichtert nicht die Situation. Andererseits gibt es zahlreiche Zweifel, wie lange eine EDV-Urkunde mit Digitalsignatur rechtlich gültig sei. Die strengste Auffassung diesbezüglich besagt, daß ohne spezifische timestamping-Prozedur, ein Ablauf der Zertifizierung (damals nach ca. drei Jahren) auch die Rechtsgültigkeit der Urkunde mit sich bringt; andere Rechtswissenschafter sind aber anderer Meinung, und sehen eine neue Perspektive gerade in den im Laufe des Jahres 2003 inkraftgetretenen Normen. Keine bedingungslose Überzeugung also, auch in Bezug auf das Verhältnis zwischen Archivierungsprinzipien der öffentlichen Verwaltung und Rechtsgültigkeit erga omnes der archivierten Dokumente.

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