Österreichisch – Italienisches Komitee des Notariats / Comitato Italo – Austriaco del Notariato

(Riva 2009/3) Notaio Andrea CIMINO

L’ACCETTAZIONE DI EREDITA‘ 

Anders als in manchen Rechtssystemen geht in Italien die Erbschaft nicht unmittelbar und von selbst bei Erbanfall auf den Erben über, sondern bedarf es einer ausdrücklichen oder konkludenten Willensbekundung: Gemäß Art. 459 CC wird eine Erbschaft durch Annahme erworben“. Diese Entscheidung des Gesetzgebers, sich keines Von-Selbst-Erwerbes“ zu bedienen (bei Behalt des Ausschlagungsrechts) findet ihre wichtigste Begründung in der Eigenschaft des Erben, der (anders als der Vermächtnisbegünstigte, welcher automatisch erwirbt, beim Wahrung des Ausschlagungsrechts) auch die Verpflichtung zur Zahlung der Schulden des Erblassers übernimmt, wobei seine einzige Haftungsbeschränkung in der Möglichkeit einer bedingten Annahme“ liegt (accettazione con beneficio d’inventario = Annahme mit Inventarvorbehalt), die die Haftung auf die Verlassenschaft beschränkt. Der Gesetzgeber hat ebenfalls jene Fälle geregelt, in denen ein Erbschaftserwerb unabhängig vom Willen des Erben ist, nämlich wenn der Erbe ein Inventar versäumt bzw. die dreimonatige Frist ab Erbanfall nicht einhält (Art. 485 Abs. II und III CC), und wenn der Erbe Nachlassgüter entwendet bzw. verheimlicht (Art. 527). Sobald die Kriterien dieser Fälle sich verwirklichen, erwirbt der Erbe automatisch (schlichter Erwerb – erede puro e semplice), aber mit unbeschränkter Haftung für alle Verlassenschaftsschulden, ohne Möglichkeit der Ausschlagung bzw. der bedingten“ Annahme, unabhängig von jeglichem Willen oder (ausdrücklicher oder konkludenter) Annahmeerklärung des Erben. Eine weitere Erwerbsmodalität wird im Art. 586 CC geregelt:

Beim Fehlen jeglicher Erben (Rechtsnachfolger) fällt der Nachlass dem Staat zu, ohne Bedarf an Annahmen und ohne Möglichkeit der Ausschlagung, wobei die Haftung gegenüber den Nachlassgläubigern bzw. Vermächtnisbegünstigten trotzdem nur auf den Wert der erworbenen Verlassenschaft beschränkt ist. Die Frist für eine Erbschaftsannahme verjährt nach 10 Jahren ab Erbanfall, Ausnahme hievon bildet eine Erbseinsetzung mit aufschiebender Bedingung (istituzione ad erede con condizione sospensiva), weil in diesem Fall die Frist ab dem Tag des Eintretens der Bedingung zu laufen beginnt. Darüber hinaus darf / kann jeder, der daran ein Interesse zu schützen hat bzw. dazu berechtigt ist, das Gericht anrufen, damit eine Frist für die Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft festgelegt wird (es sind meistens Nachlassgläubiger, oder weitere mögliche Erben, für welche die Frist auch erst ab Erbanfall läuft, außer der Situation gemäß Art. 480 CC). Verstreicht diese vom Gericht festgelegte Frist ohne eine Annahme seitens des Erben, verliert dieser seinen Anspruch auf die Erbschaft. Weiters regelt der Codice Civile die Sicherheit und Erhaltung des Nachlassvermögens während der Zeit der herrenlosen Erbschaft“. Um Zerstreuung und Verlust des Vermögens zu vermeiden, eröffnet Art. 460 CC dem (potenziellen) Erben die Möglichkeit, dieses Vermögen zu verwalten, ohne dabei sein Recht auf eine spätere Ausschlagung zu beeinträchtigen.

Hat der Erbe seine Annahmeerklärung noch nicht abgegeben und hat er keinen Nachlass in seiner Verfügung/Besitz, kann das für den Nachlass zuständige Gericht einen Verwalter (curatore ereditario) ernennen, welcher Befugnisse für die Verwaltung und die Veräußerung der Nachlassgüter hat. Dieses Verfahren bei der sogenannten ruhenden Erbschaft (eredità giacente) kann nur dann eingeleitet/angewendet werden, wenn ein oder mehrere der (berufenen) Erben ihre Annahme noch nicht erklärt haben bzw. noch nicht die Erbschaft angetreten haben (oder Güter aus dem Nachlass besitzen), denn mit der zuletzt abgegebenen Annahmeerklärung erlöschen automatisch die Befugnisse eines Verwalters. Darüber hinaus sieht Art. 642 CC eine Reihe von Rechtspersonen vor, denen die Verwaltung der Verlassenschaftsvermögen – bei Eintreten von bestimmten Bedingungen (wie z.B. Substitution, Auflagen für die Erben, Anwachsung,…) -anzuvertrauen ist. Gemeinsames Merkmal für alle ist die Verpflichtung einer konservativen Verwaltung“, d.h. sie können Handlungen einer außerordentlichen Geschäftsführung nur nach gerichtlicher Genehmigung durchführen. Hinsichtlich der Wirkung einer Erbschaftsannahme muss sofort betont werden, dass der Erbe – anders als der Vermächtnisbegünstigte, welcher ein Rechtsnachfolger mit Sondertitel ist – ein Gesamtrechtsnachfolger ist; mit anderen Worten führt er alle übertragbaren Rechtsverhältnisse des Erblassers fort, so dass aus der juridischen Perspektive der Erblasser und sein Erbe wie eine einzige Person wirken. Diese Rechtsnachfolge ohne Unterbrechung wurde vom Gesetzgeber als Schutz der Nachlassgläubiger gedacht; Art. 459 CC bestimmt eine rückwirkende Wirkung der Annahme – egal wann sie abgegeben wurde – bis zum Erbanfall, so dass – de facto – ein Erbe immer vorhanden“ ist: Sollte er nicht testamentarisch berufen worden sein, dann gilt hier die gesetzliche Erbfolge, wonach der Staat als letztmöglicher Erbe gilt, wenn es keine anderen Erben gibt.

Diese Wirkung ex tunc (ab Erbanfall) sieht keine Ausnahme oder Abweichung vor, weder für den Erblasser noch für den/die Erben, weil die Kontinuität ein unentbehrliches Kriterium für den Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge ist (Universalsukzession). Eine Annahmeerklärung ist unwiderruflich – semel heres semper heres – und wer als Erbe gilt, kann dieses Recht nicht übertragen (d.h. sollte er vor der Abgabe der Erklärung sterben, kann er seinen Nachfolgern das Recht übertragen, diese Erklärung abzugeben, sicher nicht aber seinen Rechtsstatus“ eines Erben). Ist die Annahmeerklärung abgegeben, kann man sie nicht ändern; man kann auch nicht aus einer bedingten“ eine unbedingte“ Annahme machen. Die Annahme ist ein einseitiges Rechtsgeschäft ohne Empfangsbedürftigkeit; seine Rechtswirksamkeit entfaltet sich unabhängig davon, ob Dritte davon Kenntnis erlangt haben.

Darüber hinaus ist das ein sogenanntes negozio puro“ – d.h., es darf keine Auflagen, Fristen oder Bedingung beinhalten (Art. 475 CC) und darf nicht partiell sein, d.h. der Begünstigte darf nicht eine Erbschaft nur teilweise“ annehmen (z.B. nur die Immobilien, oder nur die Hälfte des ihm zugedachten Anteils); bei Mischverfahren (d.h. wenn der Nachlass teilweise durch Testament und teilweise durch gesetzliche Erbfolge geregelt wird) darf der Erbe sich nicht nur für einen der ihm zugedachten Anteile entscheiden. Wenn allerdings nach der Annahmeerklärung eine neue, erweiterte testamentarische Verfügung gefunden wird, wird dem Erben eine erweiterte Begünstigung anfallen; wenn aber darin neue Belastungen und Schulden für den Erben anfallen, haftet er dafür nur bis zum Wert der angenommenen Erbschaft (Art. 483 CC). Die Erklärung über Erbschaftsannahme setzt die Geschäftsfähigkeit des Erben voraus: Minderjährige und Unmündige (interdetti) können eine derartige Annahme nur mittels ihrer Rechtsvertreter und nach gerichtlicher Genehmigung erklären. Diese können nur eine bedingte Annahme erklären. Darüber hinaus unterliegen sie jenen Normen nicht, die bestimmtes Handeln mit dem Verlust der beschränkten Erbenhaftung bestrafen (Ausnahme: wenn die rechtswidrige Tat max. 1 Jahr vor der Volljährigkeit bzw. vor der Widerrufung der Pflegschaft erfolgte). Für Bevormundete (inabili), die nur teil-geschäftsfähig sind (wegen physischem oder psychischem Handicap) und von einem Verwalter begleitet werden, wurde im Gesetz nichts Ausdrückliches geregelt, allerdings herrscht hier die Meinung, dass eine bedingte Annahme nicht die einzige Möglichkeit für sie sei, weil z.B. der zuständige Richter auch eine Entscheidung über bedingte oder unbedingte Annahme fällen kann, falls dies im Interesse des Erben ist. Verpflichtend bedingt (Art. 473 CC) ist die Annahmeerklärung seitens der Non-Profit-Organisationen (Stiftungen, Vereine, u.ä.), unabhängig davon, ob sie Rechtspersönlichkeit haben oder nicht. Gemäß der Reform 2000 brauchen diese Organisationen keine Vorabgenehmigung einer Behörde mehr.

Die Beibehaltung der Verpflichtung zur bedingten Annahme hat den Schutz der Vermögensverhältnisse dieser Organisationen zum Ziel und dadurch auch den Schutz der von ihm verfolgten Betriebsgegenstände, wie auch den Schutz der Interessen von all jenen, die in die NPO Vermögen eingebracht haben. Aus diesem Grund muss die Behauptung verneint werden, wonach diese Verpflichtung zur bedingten Annahme eine Diskriminierung gegenüber Gesellschaften darstellt, die (gem. Art. 473) dieser Pflicht nicht unterliegen: Wer Vermögen in wirtschaftliche Betriebe (also mit lukrativen Zwecken) einbringt, tätigt eine Investition mit Bereicherungszweck, anders als die uneigennützige Einbringung (ohne Bereicherungszweck) in eine NPO. Nach der allgemeinen Rechtsprechung ist eine von NPO im Widerspruch zu den Art. 473 abgegebenen Erklärungen für nichtig zu halten und die Verspätung oder das Unterlassen des Inventars bewirkt nicht die automatische Gleichstellung mit der unbedingten Annahme“ (weil unvereinbar mit dem Art. 473), sondern vielmehr gilt sie als unwirksame Annahme, d.h. als Verfall des Status eines Erben für die NPO. Diese strikte Interpretation wurde oft – auch in der letzten Zeit – von Rechtsgelehrten kritisiert, die zwar die Unwirksamkeit einer derartigen (normwidrigen) Erklärung bejahen, aber jegliche Sanktion für unvereinbar mit den Bestimmungen im Art. 473 halten und für die NPO die Möglichkeit einer erneuten Annahmeerklärung binnen angemessener Fristen erkennen. Manche Rechtsgelehrten halten eine Anfechtung der Annahme seitens der Gläubiger des Erben für möglich, wenn ihre Interessen gefährdet sind, und der Erbe sich dessen bewusst ist. Andere wiederum betrachten die Annahme nicht als Verfügungsgeschäft, so dass den Gläubigern andere Mittel zum Schutz ihrer Interessen dienlich sein müssen. Kein Zweifel besteht für die Behauptung, dass Gläubiger keine Erbschaft als Drittschuldner annehmen dürfen, weil sie auf die Rechtsmittel gemäß Art. 524 CC zurückgreifen können. (Wenn jemand [..] eine Erbschaft zum Nachteil seiner Gläubiger ausschlägt, können diese nach Genehmigung die Erbschaft in Namen und anstelle des Ausschlagenden nur bis zur Höhe ihrer Forderungen annehmen“).

Ausnahme bildet hier die Norm gemäß Art. 35 Legge Fallimentare (Konkursgesetz), wonach ein Konkursverwalter, nach Genehmigung der Gläubigergemeinschaft, Schenkungen und Erbschaften zu Gunsten des Gemeinschuldners annehmen darf. Beinhaltet der Nachlass Immobilien oder Liegenschaften, muss die Erbschaftsannahme in die öffentlichen Register eingetragen werden; die Eintragung stellt eine Belastung für den Erben und eine Verpflichtung für den Notar dar, der entweder die ausdrückliche Annahme beurkundet hat oder einen Rechtsakt empfing/beiwohnte/beurkundete, welcher als konkludente Annahme zu verstehen ist (z.B. die Errichtung einer Hypothek auf einem der Immobilien im Nachlass seitens des Erben); die Eintragung kann aber nicht entgegengehalten werden (Art. 2644 CC), sie dient lediglich der Kontinuität (Art. 2650 CC), d.h. ist behilflich für die (lückenlose) Wirkung von späteren Eintragungen. Aus diesem gleichen Grund kann daher die Eintragung der Annahme, auch wenn anderen Akten vorangegangen, zu keiner Konfliktlösung zwischen Erben (Erwerb mortis causa) und eventuellen Käufern (negotio inter vivos mit dem Erblasser) beitragen: Hier ist die Entscheidung immer zugunsten des Käufers zu fällen – unabhängig vom Zeitpunkt der Eintragung ihres Erwerbs – weil der Erbe die Rolle“ des Erblassers (als Verkäufer) übernimmt. Ähnliches geschieht bei Streitigkeiten zwischen echten und Scheinerben. Eine rasche Eintragung ist allerdings eine Sicherung für das echte Erbe gegen jenen gutgläubigen Käufer, der vom Scheinerben erworben hat; die Eintragung der Annahme soll auf jeden Fall aber vor der Eintragung des Kauferwerbs erfolgen, weil ansonsten – gem. 534 CC – die Entscheidung zugunsten des entgeltlichen Erwerbers fällt. Lediglich in einem Fall gilt die Eintragung der Annahme gemäß Art. 2644 CC (von verschiedenen Käufern erwirbt wirksam jener, der zuerst den Kauf einträgt, nicht der zuerst den Vertrag abschließt), und zwar wenn die Streitparteien ein Käufer (inter vivos) vom Erblasser und ein Käufer vom Erbe sind.

In diesem Fall muss zugunsten des Käufers entschieden werden, der zuerst seinen Erwerb in die Register eintragen lässt, weil der Erblasser und der Erbe gleich als Eigentümer=Verkäufer“ gelten. Auch die Corte di Cassazione entscheidet grundsätzlich und mehrheitlich zugunsten des Käufers des Erben und gegen den Käufer vom Erblasser, wenn die Eintragungsreihenfolge stimmt. Zusammenfassend kann man sagen, dass eine Eintragung des Erwerbs mortis causa (aus Nachlass) immer wirksam im Sinne der Kontinuität der Aufzeichnungen ist, dass sie begründend bzw. heilend bei Erwerb (inter vivos) vom Scheinerben wirken kann, dass sie feststellend zugunsten des Käufers vom Erben gegen den Käufer (inter vivos) vom Erblasser wirkt. Wo das Grundbuchssystem noch in Anwendung ist, gilt folgendes: Wer Eigentum an dinglichen Rechten oder Liegenschaften aus Nachlass oder Vermächtnis erwirbt, kann seinen Erwerb nur nach Vorlage eines Erbscheines bzw. Vermächtnisbestätigung vor dem Grundbuchsrichter eintragen lassen. (Art. 3 Königliches Dekret Nr. 499 aus 1929). Es darf hier allerdings in Erinnerung gebracht werden, dass im Grundbuchssystem ein Erbschein (bzw. seine grundbücherliche Eintragung) kein Erwerb von Rechten vom Erblasser bewirkt (anders als bei grundbücherlicher Eintragung von Rechtsgeschäften inter vivos), sondern (gem. Art. 21 Königliches Dekret 499/29) auf den Status als Erbe hinweisen, wobei Erbberechtigte ohne Weiteres auch gerichtlich agieren können, um ihren Status anerkennen zu lassen. Mit anderen Worten: der Erwerb von dinglichen Rechen aus Verlassenschaft erfolgt auch ohne grundbücherliche Eintragung, d.h. gemäß den Bestimmungen des Codice Civile, weil das Grundbuchsgesetz in dieser Hinsicht keine Ausnahme einbringt.

Auch in diesem Fall hat die Ausstellung eines Erbscheins bzw. seine grundbücherliche Eintragung eine Garantiefunktion für die Einhaltung der Kontinuität der Eintragungen; ohne diese können möglicherweise Käufer/Erwerber vom Erben (oder vom Vermächtnisbegünstigten) ihre erworbene Rechte nicht eintragen (Art. Art. 21 Abs. 1 Königliches Dekret 499/29: kein Anspruch kann im Grundbuch zu Lasten des Erwerbers aus Verlassenschaft oder Vermächtnis eingetragen werden, wenn dieser sein Recht nicht eintragen hat lassen“; Art. 21 allgem. Durchführungsgesetz zum Königlichen Dekret 499/29: Eintragungen können nur zu Gunsten/ zu Lasten von jenem gemacht werden, der bei der Eintragung bereits als Rechtsträger im Grundbuch vermerkt ist oder der gleichzeitig als solcher vermerkt wird“.) Eine Annahme kann einfach“ (unbeschränkte Haftung des Erben, auch mit seinem Vermögen) oder bedingt“ (Haftung beschränkt sich auf den Wert der angefallenen Verlassenschaft) sein. Die bedingte Annahme (con beneficio d’inventario) ist eine ausdrückliche Erklärung, die vor einem Notar oder dem Gerichtssekretär des zuständigen Gerichts abzugeben ist. Sie muss durch ein Inventar vervollständigt werden. Wurde die Annahme bereits erklärt, kann ein Inventar binnen drei Monaten verfasst werden (möglich ist die Genehmigung einer Fristverlängerung von weiteren 3 Monaten seitens des Gerichts). Wird keine Annahme erklärt, bzw. versäumt der bedingt Erklärende die fristgerechte Anfertigung eines Inventars, wird die Erbschaftsannahme als unbedingt eingestuft.

Die bedingte Annahme bewirkt eine imperfekte“ Trennung zwischen Privatvermögen des Erben und Vermögenswerten aus der Verlassenschaft, bei der die Gläubiger des Erben nachrangig gegenüber den Nachlassgläubigern sind, und die Nachlassgläubiger nur dann an das Privatvermögen des Erben Forderungen stellen können, wenn der Vorteil des Inventarvorbehalts“ verfällt. Art. 490 CC beschreibt die Folgen dieser Vermögenstrennung: Der Erbe behält gegenüber dem Nachlass alle Rechte und Pflichten, die er gegenüber dem Erblasser hatte, außer jene, die durch Tod des Erblassers erloschen sind (anders als bei einer unbedingten Erbschaft, wo das Erlöschen durch die Verschmelzung der Gläubiger/Schuldner-Verhältnisse zwischen Erben und Erblasser erfolgt). Die Interessen des Erben, wie auch jene der Nachlassgläubiger, sollen geschützt werden, und das wird durch die bedingte Erbschaftsannahme – mit Beibehaltung der entsprechenden Rechtsverhältnisse – gewährleistet. War aber der Erbe Schuldner gegenüber dem Erblasser, haftet er für diese Forderungen unbeschränkt mit seinem Privatvermögen. Weil der Erbe in allen Rechtsverhältnissen des Erblassers sein Nachfolger ist, ist er auch Schuldner gegenüber den Nachlassgläubigern, aber durch die bedingte Annahme haftet er (gemäß Art. 490 Z. 2 CC) nur bis zum Wert der ihm zugefallenen Erbschaft bzw. dem Vermächtnis. Durch die bedingte Annahme haben Nachlassgläubiger und Vermächtnis-begünstigte, für die Befriedigung ihrer Forderungen aus dem Nachlass, Vorrang gegenüber den Gläubiger des Erben. Sowohl der Erbe, der eine bedingte Erbschaft angetreten hat, als auch der “einfache” Erbe, haben Geschäftsführungsbefugnisse über das Vermögen der Verlassenschaft, wobei eine bedingte Erbschaft einige Beschränkungen bewirkt:

  • Der Erbe hat über seine Geschäftsführung den Gläubigern und Vermächtnisnehmern Rechenschaft abzugeben; bei Unterlassung bzw. Fristverfehlung verfällt der Vorteil des Inventarsvorbehalts“
  • Wenn die Gläubiger oder andere Berechtigte es verlangen, muss der Erbe geeignete Garantien für den Wert der Nachlassgegenstände, Erträge und Wert der Immobilien, die den Hypothekarwert übersteigt, geben.
  • Der Erbe kann nur nach Genehmigung des zuständigen Gerichts Güter aus dem Nachlass veräußern, sie pfänden oder darauf eine Hypothek bestellen bzw. über diese Güter Vergleiche abschließen oder Handlungen einer außerordentlichen Geschäftsführung durchführen (diese Genehmigungspflicht verjährt für die beweglichen Güter nach 5 Jahren ab Annahme), und nur wenn diese Handlung nützlich oder notwendig zur Erhaltung des Nachlasses ist. Widrige Handlungen bewirken den Verfall des Vorteils der bedingten Erbschaft (welche zur unbedingten eingestuft wird).

Der Erbe hat die Forderungen der Nachlassgläubiger und der Vermächtnisnehmer zu befriedigen. Das kann er auf verschiene Weise machen:

1. Einzel- bzw. gesonderte Abwicklung (liquidazione individuale): 
Ist ein Monat ab Annahmeerklärung vergangen und hat keiner der Gläubiger oder Vermächtnisnehmer Einreden vorgelegt, dann kann der Erbe Gläubiger und Vermächtnisnehmer einzeln auszahlen, nach und nach, wie sie sich melden. Ist die Verlassenschaftsmasse aufgebracht, können die restlichen, noch nicht befriedigten Gläubiger ihre Regressansprüche gegenüber dem Vermächtnisnehmer anmelden (höchstens bis zum Wert des Vermächtnisses). 

2. Konkursabwicklung (liquidazione concorsuale):
Ist noch kein Monat ab Annahmeerklärung vergangen, und keiner der Gläubiger oder Vermächtnisnehmer hat Einreden vorgelegt, kann der Erbe diese Art der Abwicklung einleiten, dessen wichtige Phasen sind:

a) Erfassung der Forderungsmasse, indem die Gläubiger eingeladen werden, (bis zu einer gegebenen Frist) ihre Forderungen bekanntzumachen;
b) Verwertung der Erbmasse (liquidazione dell’attivo), indem eventuell Güter aus der Verlassenschaft veräußert werden, bis zur Erreichung der für die Befriedigung der Forderungen notwendigen Gelder.
c) Erfassung eines Kollokationsplanes (stato di graduazione), mit Beistand eines Notars. Gläubiger werden nach ihrem Rang aufgelistet, sie haben Vorrang gegenüber den Vermächtnisbegünstigten. Unter Gläubigern ohne Vorrang wird die (Rest-)Erbmasse im Verhältnis zu ihren Forderungen geteilt.
d) Auszahlung der Berechtigten, nach endgültiger Erfassung des Kollokationsplanes bzw. wenn eine Entscheidung/Urteil über eventuelle Einreden Rechtskraft erlangt. Der endgültige Kollokationsplan gilt als Exekutionstitel gegen das Erbe.

3. Aufteilung der Erbschaftsgüter.
Um die Gläubiger bzw. den Vermächtnisnehmer zu befriedigen kann der Erbe auch alle Erbschaftsgüter überlassen/übertragen. Dies geschieht mittels Notariatsakt oder notariell beglaubigten, bzw. am zuständigen Gericht protokollierten Privatvertrag. Dieses Verfahren kann eingeleitet werden, wenn die Monatsfrist für die Einbringung der Forderungserklärungen nicht verstrichen ist und der Erbe noch keine Zahlung (sonstige Abwicklung) geleistet hat.

ERBSCHAFTAUSSCHLAGUNG

emäß Art. 519 CC ist die Erbschaftsausschlagung ein formeller Akt, welcher vor dem Gerichtssekretär des zuständigen Gerichtes bzw. vor einem Notar abgegeben werden muss und von ihnen beurkundet (atto pubblico) wird. Die Erklärung wird danach in das Verlassenschaftsregister des zuständigen Gerichts eingetragen (Publizitätswirkung). Wird die Form nicht eingehalten, ist die Ausschlagung nichtig; über die Folgen einer Unterlassung der Eintragung herrschen unterschiedliche Meinungen: von Nichtigkeit der Ausschlagung, über Unwirksamkeit nur gegenüber Dritten (d.h. nicht Miterben), bis zu einer vollkommenen Gültigkeit und Wirksamkeit der Ausschlagung auch gegenüber Dritten, welche aber nur gegen den Notar bzw. Gerichtssekretär (wegen der aus ihrer Unterlassung entstandenen Schaden) Schadenersatzklage einbringen könnten. Die Lehre hat nie gezweifelt, dass eine Ausschlagung KEINER Eintragung in die Immobilienregister bedarf: Weil eine Erbschaft nie automatisch erworben wird, sondern nur nach Willenserklärung (Annahme), ist eine Ausschlagungserklärung grundsätzlich die negative“ Ausübung des Annahmerechts des möglichen Erben, und hat daher keine Wirkung auf eine eventuelle Übertragung von dinglichen Rechten an Immobilien aus dem Nachlass. Anders ist es bei der Ausschlagung eines Legats (hinsichtlich dinglicher Rechte):

Der Erwerb des Rechts geschieht automatisch mit dem Tod des Erblassers, mit Beibehalt des Ausschlagungsrechts seitens des Begünstigten. Diese Ausschlagung ist also nicht die Verweigerung des Rechts zur Annahme, sondern die Ablehnung eines bereits erworbenen Rechts, das schon dem Vermögen des Begünstigten zugeflossen ist. Wenn also keine Eintragung für eine Erbschaftsausschlagung notwendig ist, auch bei Vorhandensein von Immobilienwerten oder dinglichen Rechten, ist das Gegenteil für die Ausschlagung eines Vermächtnisses über Immobilien/dingliche Rechte der Fall. Hier differenziert die Lehre nur bei der Begründung der Eintragung (für manche ex Art. 2643 Z.5 CC, für andere ist es Art. 2655, letzter Absatz). Die Ausschlagung eines Vermächtnisses folgt auch anderen Formalkriterien: Keine besondere Form wird dabei verlangt, wenn aber das Vermächtnis Immobilien/-rechte betrifft, dann ist die Ausschlagung schriftlich abzugeben (benötigt aber keine öffentliche Beurkundung, wobei eine Beglaubigung oder gar eine Beurkundung der Publizitätspflicht unterliegt und somit die Ausschlagung auch gegenüber Dritten wirksam macht). Die Erbschaftsausschlagung (bzw. der Erbschaftsverzicht) ist gesondert von dem Verzicht auf eine Herabsetzungsklage zu betrachten, wodurch ein Pflichtteilsberechtigter auf die Ausübung seines Anspruches auf den Pflichtteil verzichtet; ein Pflichtteilsberechtigter, der mit einem geringeren Nachlassanteil, als es ihm zusteht bedacht wurde, kann in der Praxis auf eine Herabsetzungsklage verzichten und den ihm anfallenden Anteil behalten, oder auf die Erbschaft (und implizit auch auf sein Pflichtteil) verzichten. Der Pflichtteilsberechtigte, der von der Erbschaft ausgeschlossen wurde kann nur auf eine Herabsetzungsklage verzichten, was als Ergebnis ebenfalls einem Erbschaftsverzicht gleicht, aber einen anderen Tatbestand verwirklicht. Aus diesem Grund müssen die 2 Arten des Verzichtes gesondert behandelt und betrachtet werden, auch aus der Formalperspektive: ein Verzicht auf Herabsetzungsklage bedarf keiner besonderen Form und kann auch durch konkludente Handlungen verwirklicht werden. Im Codice Civile wird der Erbschaftsverzicht/die Ausschlagung als actus legitimus verstanden, der nichtig ist, wenn er mit Auflagen, Bedingungen oder Fristen versehen oder nur teilweise ausgeübt wird (Art. 520 CC).

Diese Nichtigkeit ist eng mit den Bedürfnissen der Sicherheit und Schnelligkeit des Verfahrens verbunden und trifft die Verzichts-/Ausschlagungserklärung als Gesamtakt, so dass dem (formwidrig) Erklärenden eine Annahme oder ein (erneuter) Verzicht zu steht. Solange die Verjährungsfristen für die Erbberufenen läuft und solange kein anderer Erbe die Erbschaft erworben hat, behalten auch jene Berufenen, die die Erbschaft ausgeschlagen haben, den Anspruch auf eine Annahme, unbeschadet der von Dritten an Nachlassgütern erworbenen Ansprüche/Rechte. Diese Bestimmung gemäß Art. 525 CC wird durch die Absicht des Gesetzgebers begründet, grundsätzlich den Erbberufenen zu ihrem Erbschaftserwerb zu verhelfen, unter Rücksicht auf den Willen des Erblassers und den Schutz der Nachlassgläubiger, sowie um dem Staat eine eventuell überschuldete Erbschaft zu vermeiden. Diese Bestimmung gilt als Spezialnorm; sie gilt nicht für ein Vermächtnis und hat keine Formpflicht: Einzig muss dabei eine tatsächliche Annahme vorhanden sein, d.h. nach den ordentlichen Bestimmungen kann sie ausdrücklich, still, konkludent, bedingt oder unbedingt sein. Diese Annahme kann allerdings nicht ausgelassen werden, weil der frühere Verzicht einen Erbschaftserwerb ope legis“ sperrt. Die Bestimmungen der verspäteten Annahme ex. Art. 525 CC“ gelten nicht gegenüber jenen Miterben des Ausschlagenden, die bereits ihre Erbschaftsannahmen erklärt haben, und die ob seiner Ausschlagung in Genuss eines Anwachsens gekommen wären (siehe Art. 522 CC) bzw. bei automatischem Erwerb seitens des Staates. Die Ausschlagung ist – wie die Annahme – rückwirkend auf den Zeitpunkt des Erbanfalles, so dass der Ausschlagende so betrachtet wird, als ob er nie zur Erbschaft berufen wurde. Diese Rückwirkung kann aber durch die verspätete Annahme“ wieder rückgängig gemacht werden.

Durch die Ausschlagung fällt der Nachlass (oder der anfallende Anteil) den weiteren Erbberufenen zu (Art. 522 und 523 CC), gemäß einer bestimmten Reihenfolge: Vertretung/Rechtsnachfolge, Vorfahren gem. Art. 571 letzter Absatz CC, Anwachsung für weitere Erbberufene (bei gesetzlicher Erbfolge); ordentliche testamentarische Ersatzverfügung, Vertretung/Rechtsnachfolge, Anwachsung für weitere gesetzliche Erben (bei testamentarischer Erbfolge). Im Allgemeinen gilt für die Ausschlagung eine Verjährungsfrist von 10 Jahren ab Erbanfall; manche halten eine Verschiebung des dies a quo für erdenklich (z.B. bei Vorhandensein von aufschiebenden Bedingungen oder Begünstigung von späteren Erbberufenen). Als gültig und wirksam gelten alle Ausschlagungen, die vor der Erbberufung (delazione); nicht gültig (gem. Verbot von Nachfolgevereinbarungen ex. Art. 458 CC) sind Erbverzichte, die vor dem Erbanfall abgegeben wurden.

INTERNATIONALES PRIVATRECHT

Die Reform des Italienischen IPR (Gesetz Nr. 318 vom 31. Mai 1995) führte die Grundsätze der Erbschaftseinheit und -gesamtheit ein, indem im Art. 46 die Anwendung eines einzigen Erbrechts vorsieht, ohne Unterschied ob der Art der Güter (Sachen oder Immobilien): Anzuwenden ist das für den Erblasser zum Zeitpunkt des Ablebens gültige Recht (Personalstatut). Darüber hinaus besteht für den Erblasser die Möglichkeit bei der letztwilligen Verfügung durch ausdrückliche Erklärung, die gesamte Verlassenschaft dem Recht seines Wohnsitzes zu unterwerfen“. Diese Wahl hat aber keine Wirkung, wenn zum Zeitpunkt seines Ablebens der Erblasser nicht mehr im gleichen Staat wohnhaft war. Bei der Verlassenschaft eines italienischen Staatsbürgers bleiben auch bei einer solchen Wahl die Rechte und Ansprüche unbeschadet, welche zum Ableben des Erblassers den in Italien wohnhaften Pflichterben gesetzlich gewährt werden. Der Gesetzgeber garantiert eine einheitliche Abwicklung des Nachlasses durch die Wahlbeschränkung für den Erblasser auf ein einziges Recht. Diese Wahl muss die gesamte Verlassenschaft (und nicht nur einen Teil davon) betreffen, und stellt eine wichtige Neugestaltung des Rechtssystems dar, indem dem Erblasser die Möglichkeit eröffnet wird, sich eines ihm bekannten Rechtssystems zu bedienen. Eine Beschränkung dabei stellt lediglich der Schutz der Pflichtteilsberechtigten (d.h. Ehegatte, Kinder bzw. bei Kinderlosigkeit: Eltern) dar. Es muss aber auch in Erinnerung gebracht werden, dass eine letztwillige Verfügung, die diese Pflichtteilsberechtigten nicht bedenkt (z.B. weil sich der Erblasser auf ein Rechtssystem beruft, das einen Pflichtteil nicht kennt) trotzdem gültig und wirksam ist, unbeschadet des Anfechtungsrechts der zum Ableben des Erblassers in Italien wohnhaften Pflichtteilberechtigten. Durch das Anfechtungsrecht wird eine Umgehung der Bestimmungen über den Pflichtteil unmöglich gemacht (z.B. durch Übersiedlung des Erblassers in einen Staat, wo der Schutz der Pflichtteilsberechtigten nicht vorgesehen ist).

Hinsichtlich Erbfähigkeit bestimmt der Gesetzgeber ebenfalls jenes Recht, wonach die Verlassenschaft geregelt wird, als anwendbares Recht; so wird im Art. 20 geregelt, dass die Geschäftsfähigkeit nach dem Personalstatut bestimmt wird und dass die damit verbundenen Rechtsverhältnisse gemäß gleichem Recht zu behandeln sind“. Ebenfalls sind die Fragen eines eventuellen Verbots (in Italien z.B. für den Notar, der ein Testament beurkundet hat) oder Unwürdigkeit einer Erbfolge gemäß dem für die Verlassenschaft anwendbaren Recht zu beurteilen. Hinsichtlich Gültigkeit und Wirksamkeit eines Testaments muss man unterscheiden: Inhaltlich ist ein Testament nach dem Personalstatut des Erblassers (Staatsbürgerschaft) bei seinem Ableben (hier besteht das Risiko, dass ein bei der Verfassung gültiges Testament plötzlich ungültig wird) zu beurteilen; formell wird das Testament gemäß Art. 48 Gesetz Nr.218 aus 1995 geregelt: Die Form des Testaments ist gültig und wirksam, wenn sie als solche vom Recht jenes Staates betrachtet wird, dessen Staatsbürgerschaft der Erblasser zum Zeitpunkt des Verfassens oder seines Ablebens innehatte bzw. jenes Staates, in dem er wohnhaft war.“

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